Tagebuch
Südamerika
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Durch die Welt des Amazonas
Äquator-Überquerung zwischen Boa Vista und Manaus (27321) |
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Das Prasseln des heftigen Tropenregens
auf unser Autodach ist ein sicheres Zeichen, dass wir die trockene
Savanne Venezuelas endgültig hinter uns gelassen haben und
in den dichten Dschungel des Amazonasbeckens eintauchen. Wir
nähern uns dem Äquator, die Luft ist feucht, man riecht
die nahende Regenzeit förmlich. Es sind 40°C am Schatten,
als wir uns auf der roten, einsamen Urwaldpiste nach Manaus durchkämpfen.
Störche, Reiher und andere Vogelarten halten sich an Lichtungen
mit Sumpf und Wassertümpeln auf, wo sich sattgrüne
Palmen und abgestorbene Baumstämme in den stillen Gewässern
widerspiegeln und grosse Seerosenblätter wuchern. |
Je südlicher wir kommen, desto
schlechter und durchlöcherter wird die Piste. Die Fahrt
ist anstrengend und mühsam, da wir jeweils die Tiefe der
vielen Wasserlöcher nicht abschätzen können. Wir
quälen uns förmlich jeden Meter durch viele gerodete
Gebiete. Doch in einem Indianer-Reservat werden wir noch mit
wunderbarem Primär-Urwald belohnt. Die dichten Dschungel-Mauern
beidseits der Piste sind noch jungfräulich, blaulila Schmetterlinge
schillern im unendlichen Tropengrün und eine Fülle
roter Rankenblumen strebt dem Licht entgegen. Kleinwüchsige
Indianer sind mit Pfeil und Bogen auf der Jagd und kommen uns
mit einem erlegten Vogel entgegen. Später treffen wir eine
gestrandete Familie mit zwei kleinen Kindern, die an ihrem LKW
Wellenbruch erlitten hat. Schon seit vier Tagen sitzen sie in
dieser Urwaldhölle fest und warten auf ein neues Ersatzteil
aus Manaus. Sie haben es sich am schlammigen Pistenrand so wohnlich
wie möglich gemacht, ihre Hängematten und eine Wäscheaufhängung
aufgespannt und kochen unter dem sich immer wieder entleerenden
Tropenhimmel. Wir lassen ihnen einige Lebensmittel zurück,
sonst können wir nichts für sie tun. |
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Amazonas-Piste zwischen Boa Vista und Manaus (27328) |
Sumpflandschaft im Amazonas (27326) |
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Am Abend des siebten Tages, nach
rund 1'000 km und 50 strapazenreichen Fahrstunden, treffen wir
im Urwaldhafen Manaus ein. Die nächsten Tage erholen wir
uns an der Praia Dourada am Rio Taruma, einem schwarzen Nebenfluss
des Amazonas. Wir lesen und schwimmen ausgiebig und klären
die in der Regenzeit prekären Strassenverhältnisse
von hier nach Porto Velho ab. Unsere gehegten Befürchtungen
bewahrheiten sich leider (oder glücklicherweise?) schnell
- Es gibt absolut kein Durchkommen auf dem Landweg, die Strasse
ist bis zwei Meter unter Wasser. Wir müssen verschiffen. |
Im geschäftigen Hafen von Manaus
laufen viele alte Kutter zu verschiedenen Amazonas-Destinationen
aus; sie sehen mit ihren als Schlafgelegenheit ausgebreiteten
bunten Hängematten recht exotisch aus. Fieberhaft halten
wir Ausschau nach einer günstigen Schiffspassage nach Porto
Velho und haben schon bald Glück. Ein portugiesischer LKW-Fahrer
erklärt sich sofort bereit, uns bei Teilung der Kosten auf
seiner leeren Ladebrücke zu transportieren. Mittels einer
'Erd-Rampe' und unseren Sandblechen fahren wir zuerst auf die
LKW-Brücke und dann auf den Ponton, der von einem relativ
kleinen Schiff geschoben wird. Hier wird in den nächsten
fünf Tagen unser aufregendes 'Zuhause' sein. |
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Flusshafen in Manaus für Amazonas Schifffahrten (27406) |
Ponton-Fähre auf dem Rio Madeira von Manaus nach Porto Velho
(27512) |
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Nach mehrmaligem Verschieben der
angekündigten Abreise wird es gegen Abend plötzlich
lebendig - Lebensmittel und andere Güter werden an Bord
gebracht. Dann lassen wir die funkelnden Lichter von Manaus definitiv
hinter uns. Zusammen mit der Crew sind wir knapp 20 Personen,
alles sympathische, liebenswerte Menschen, die sich viel Mühe
geben, uns ihr schönes Land näherzubringen und mit
uns ihre Landessprache, Brasilianisch, zu praktizieren. Am Abend
sitzen wir im Lichterschein oft gemeinsam mit den LKW-Fahrern
auf der 'Plaza' bei der Bordküche und beobachten die bezaubernde
Abendstimmung und die Silhouetten der mit riesigen Baumstämmen
beladenen, vorbeiziehenden Schlepper. |
Die langsame Fahrt geht wegen der
starken Strömung nicht durch die Mitte, sondern am Ufer
des Madeira-Flusses entlang - täglich zieht die wunderbare
Urwaldvegetation wie im Film an uns vorbei. Das Hochwasser hat
Teile des Urwaldes überschwemmt und die Indianer können
nur noch mit ihren einfachen Kanus zu ihren verstreuten, auf
Stelzen errichteten Holzhütten. Ihre zahlreichen Kinder
beobachten neugierig das lebhafte Flusstreiben und winken uns
fröhlich zu. Die meisten der hier lebenden Menschen werden
hier geboren und sterben, ohne je etwas anderes gesehen zu haben.
Zahlreiche Delphine, darunter auch seltene rosafarbene, die in
den Madeira-Gewässern vorkommen, erfreuen uns oft mit ihrem
Spiel, kreischende Affen tummeln sich auf den Urwaldriesen. |
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Der Urwald zieht an uns vorbei (27537) |
Camping auf der LKW-Brücke während der Flussfahrt (27422) |
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Die weissen, hohen und schlanken
Stämme der Gummibäume stechen immer wieder aus dem
unendlichen Grün hervor. Sie liefern den flüssigen
Gummi, der durch Einritzen der Stämme und Auffangen mit
festgezurrten Blechdosen gewonnen wird. Aber die üppige
Natur bietet hier auch noch andere Produkte. So die Fasern für
Jute-Säcke und essbare Kastanien. Ab und zu erhaschen wir
das leuchtende farbige Gefieder eines Tropenvogels, und immer
wieder erleben wir das intensive Gezwitscher der bunten Papageien.
Mit einer voraussehbaren Regelmässigkeit prasseln jeden
Nachmittag heftige Tropengewitter nieder. Dann wird es auf dem
friedlichen Ponton besonders lebhaft, lassen sich die Fahrer
von ihrer Siesta in den unter ihren LKW's aufgespannten Hängematten
stören, um die Gelegenheit für eine erfrischende Dusche
zu nutzen. |
Nach der Einmündung des schwarzen
Flusses Aripuanà in den lehmfarbenen Madeira-Fluss fahren
wir an schwimmenden Flossen der Garimperos, der Goldsucher, vorbei.
Mit einem dicken Schlauch saugen sie vom tiefen Flussbett Dreck
an und sieben ihn dann auf der Suche nach dem glitzernden Metall
sorgfältig in einem feinen Drahtgeflecht. Jetzt, bei Hochwasser,
ist ihre Zahl gering. Doch in der Trockenzeit sollen über
2000 solcher Boote mit hoffnungsvollen Männern die trüben
Gewässer des Madeira-Flusses bevölkern. |
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Flussbewohner am Rio Madeira (27608) |
Gewitterstimmung und Sonnenuntergang am Rio Madeira (27625) |
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Wir geniessen jeden Augenblick dieser
1100 km langen Flussfahrt, lassen uns vom schmackhaften Essen
der Bordküche verwöhnen und uns von den netten Lastwagen-Fahrern
unterhalten. Das einzige, was uns zu schaffen macht, ist die
enorme Luftfeuchtigkeit, die sogar Reiskörner wieder zum
Spriessen bringt und Lebensmittel in zwei Tagen durch eine hohe
Schimmeldecke ungeniessbar macht. Auch die riesigen Mosquito-Schwärme,
die uns allabendlich überfallen, sind nicht gerade angenehm.
Doch sie gehören ebenso zum Tropen-Erlebnis wie die Tarantel,
die von einem schwimmenden Baumstamm auf unser Boot geschleudert
und sofort wieder zurück befördert wird.
Es ist fast unerträglich heiss und stickig, als wir nach
132 einzigartigen Stunden Schifffahrt auf dem Madeira-Fluss wohlbehalten
in Porto Velho anlegen. |
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