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Hier einige Reise-Eindrücke aus Saint Pierre et Miquelon

 
 
 
St Pierre-Karte

 

 
Karte von Saint Pierre et Miquelon

           klicken Sie auf ein Bild, um es grösser zu sehen

 

 

 

 

 

 

Unser LandCruiser wird in
die “MV Aldona” gefahren
Der nordische Charme von
Saint Pierre kündigt sich an
Die “Ile aux Marins” strahlt
Friede und Harmonie aus
 
Saint Pierre et Miquelon   "ein kleines Stück Europa in Nordamerika"

Fortune - Glück! So heisst der kleine Fischerhafen an der Südost-Ecke Neufundlands in Kanada. Während wir durch ein tundra- und seenreiches Gebiet diesem abgelegenen Zipfel der rauen Burin Peninsula entgegensteuern, kreisen unsere Gedanken um den winzigen Archipel Saint Pierre et Miquelon im Atlantischen Ozean, rund 25 Kilometer von Fortune entfernt. Es ist ein kleines Stück französisches Territorium in Nordamerika, das durch den Portugiesen Joa Alvarez Fagundes im 15. Jahrhundert entdeckt und später durch baskische, bretonische und normannische Fischer besiedelt wurde. Dieser 26 km2 kleine Flecken Land mit seinen 5’600 Einwohnern haben wir zu unserem nächsten Reiseziel erkoren, sofern es je klappen sollte, dass wir und unser LandCruiser gleichentags nach Saint Pierre übersetzen können. Unser Problem liegt darin, dass der Roll-on-Roll-off-Frachtservice nur einmal wöchentlich operiert, keine Passagiere mitnimmt und ausgerechnet gestern ausgelaufen ist. Und jetzt, gegen Saisonende, fährt auch das Passagierschnellboot nicht mehr täglich. Wir parken an der Esso Lake Station, der kleinen Tankstelle, die auch als Agent der Miquelon Ro-Ro-Service Frachtgesellschaft waltet. Der blonde Mann, der von der angegliederten Autowerkstatt auf uns zukommt, weiss sofort, wen er vor sich hat. Von Nova Scotia aus haben wir mit ihm wegen dieser Überfahrt in den letzten Tagen verschiedentlich telefoniert. "Ihr habt unwahrscheinliches Glück", meint er strahlend. "Morgen erwarten wir den monatlich nur einmal verkehrenden Container-Frachter, der wahrscheinlich auch Euer Fahrzeug auf die Insel mitnehmen kann". Er eilt zum Telefon, um abzuklären, ob noch Platz für ein Auto vorhanden ist und kommt mit einem erlösenden Ja zurück. Die Passagierfähre operiert morgen auch noch, bevor sie nachher saisonbedingt ihren Fahrtplan reduziert und später sogar ganz einstellt. Plötzlich geht alles so wunderbar einfach, klappt die Koordination so problemlos.

Die Stadt Saint Pierre
liegt an einem Meeresarm
Die Hauptstrasse von Saint Pierre mit
seinen farbenfrohen Häusern aus Holz
Die Kathedrale von Saint Pierre
ist im baskischen Stil gebaut
 
Mit durchdringendem Hornen der Schiffssirene kündigt am nächsten Morgen die "MV Aldona" pünktlich ihre Ankunft an. Es ist ein relativ kleines Schiff, das unseren LandCruiser zusammen mit verschiedenen Containern an Bord nimmt. Jean-Pierre, der noch junge, freundliche Kapitän, der dieses Schiff schon viele Jahre sicher durch die Tücken der nördlichen Meere gesteuert hat, begrüsst uns mit einem herzlichen "Bonjour" und gewinnt mit seinem offenen Wesen sofort unsere Sympathie. Er ist sichtlich erfreut, dass wir Französisch sprechen und versichert uns immer wieder, dass er sich persönlich um unsere Fracht kümmern werde. Wir sind sichtlich erleichtert, als wir unser Auto zwischen zwei grosse Container stellen dürfen, was bei der knapp vierstündigen Überfahrt etwas Schutz vom salzigen Meerwasser bieten wird. Wie zwerghaft klein und verlassen es zwischen diesen Container-Riesen plötzlich wirkt! Als wir Jean-Pierre vertrauensvoll unseren Autoschlüssel aushändigen, kritzelt er noch schnell seine private Telefonnummer auf ein Stück Papier. Diese freundliche Geste bestätigt uns, dass wir ihm wirklich vertrauen können. „Schaut, dass Ihr beim Hafenzoll seid, bevor er um 17 Uhr schliesst“, wiederholt er, als die „Aldona“ ihre Ladebrücke einzieht und dem offenen Meer zu steuert. Unsere Passagier-Schnellfähre, die „MV Arethusa“, die uns in 1¼ Std. nach St. Pierre „flitzen“ wird, fährt erst in vier Stunden. Es wird uns aber nicht langweilig. Wir schauen den verwetterten Fischern zu, die mit ihrem ansehnlichen Tagesfang zurückkommen und den gierigen Möwen, die ihnen kreischend folgen. Der kanadische Zollchef gesellt sich auch zu uns. Wahrscheinlich versteht er nicht, warum wir als Ausländer auch unser Auto auf diese entlegenen Inseln verfrachtet haben. Normalerweise befasst er sich nur mit kanadischen Tagestouristen und französischen Inselbewohnern, die zum günstigen Einkaufen oder Jagen nach Neufundland kommen. Viele Insulaner besitzen auf Neufundland eine kleine Jagdkabine. Nicht verwunderlich, dass wir auf der Burin-Halbinsel kein einziges wildes Tier gesehen und keinen einzigen Vogelschrei gehört haben!

Das Postgebäude im Zentrum am
General Charles de Gaulle Platzes
Die letzten Sonnenstrahlen verfangen
sich in den Häusern von Saint Pierre
Die französische Flagge beim
Stadthaus von Saint Pierre
 

Als wir uns langsam diesem kleinen Flecken französischen Landes nähern, könnte das Abendlicht klarer und schöner nicht sein. Der typische nordische Charakter und Charme von Saint Pierre kündigt sich bereits mit der vorgelagerten kleinen Insel „Ile aux Marins“ an. Ein spürbarer Friede liegt über der kleinen Siedlung, bestehend aus einigen verstreuten, pastellfarbenen Holzhäusern und einer einsam dastehenden Dorfkirche. Aber dies ist erst der erste überwältigende Eindruck dieser fernen Inseln, deren Existenz die meisten Amerikaner nicht einmal kennen. Sobald wir ankern, begeben wir uns schnellen Schrittes zur Immigration. Wir haben es eilig, denn in einer Stunde schliesst der Frachthafenzoll und wir wollen unsern LandCruiser unbedingt noch auslösen, um darin schlafen zu können. Während wir zum kleinen hölzernen Gebäude spurten, fällt uns eine attraktive Dame auf, die aufgeregt in unsere Richtung winkt. Meint sie uns? Ja, sie meint tatsächlich uns! Es ist Marie-Josée mit ihrer kleinen Tochter Joséphine. Sie arbeitet beim lokalen Fernsehen Télé St. Pierre et Miquelon/RFO und hat von nicht „alltäglichen Ankömmlingen“ Wind bekommen. Es kommt nicht oft vor, dass Fremde mit einem eigenen Fahrzeug ihre kleine Welt mit nur 25 km Autotrassen besuchen. Nachdem wir mit der Immigration fertig sind, offeriert sie uns zuvorkommenderweise, uns zum Ro-Ro-Frachtservice zu chauffieren, wo wir die Frachtkosten zu bezahlen haben, und nachher zum Hafenzoll, um unseren LandCruiser auszulösen. Zwischendurch hält sie rasch bei einer Bäckerei und kauft als Willkommensgruss feine, französische Patisserie für uns - ein wahrer Genuss! Die Bezahlung der Frachtrechnung zieht sich dahin, weil wir keine französischen Francs mitführen und die Bank schon geschlossen hat. Wertvolle Zeit verstreicht, bis man endlich bereit ist, US-Dollars anzunehmen. Dann hetzen wir zum Autozollbüro. Kaum sind wir eingetreten, teilt man uns mit, dass uns der Zollchef zu sprechen wünscht. Er wird uns doch wohl keine Schwierigkeiten machen? Unsere Hoffnung, es bis 17 Uhr zum Hafen zu schaffen, schwindet mit jeder Minute. Mit gemischten Gefühlen betreten wir sein geräumiges Büro und warten nervös, was er uns zu sagen hat. Doch schon bald atmen wir erleichtert auf. Strahlend teilt er uns mit, dass seine Eltern Schweizer sind und er uns deshalb persönlich auf seiner Insel willkommen heissen wollte! Was für eine angenehme Überraschung! Als unser Gespräch zum afrikanischen Kontinent abschweift und er feststellt, dass wir zur selben Zeit in Guinea Conakry weilten, als auch er dort stationiert war, wird die Unterhaltung immer intensiver. 17 Uhr ist längst vorüber, als wir uns endlich von ihm verabschieden. Eine nervöse Marie-Josée wartet draussen ungeduldig auf uns. Nur dank ihrer energischen Intervention wurde unser Auto inzwischen aus dem abgeschlossenen Hafenareal gefahren, und der verantwortliche Zöllner aufgefordert, auf uns zu warten. Wir sind schon bei der Tür, als sich in letzter Minute noch ein kleiner Zollangestellter bemerkbar macht und nach der Autoversicherung fragt. „Wir anerkennen keine amerikanische Versicherung“, lässt er uns wissen. „Ihr braucht die ‚Carte verte’ - die grüne Versicherungskarte“. Natürlich, wir sind ja in einem kleinen Stück Europa in Amerika! Minuten, bevor die Versicherungsgesellschaft auch schliesst, bekommen wir das teure Papier.

 

Auch das Entenhäuschen ist
dem lokalen Baustil angepasst
Die rote “Zazpiak Bat“ Handball-Wand
erinnert an die baskische Vergangenheit
Die knallroten Bootsaufzüge sind
markante Tupfer des Stadtbildes
 

Der rote Ball der leuchtenden Sonne liegt schon tief, als wir mit unserem LandCruiser wieder vereint sind. Jetzt kann uns nichts mehr aufhalten - jede Minute dieses bezaubernden Abends ist kostbar. Wer weiss, vielleicht verhüllt schon morgen eine dichte Nebeldecke den nordischen Charme, der uns auf Schritt und Tritt betört. Es sind vor allem die verschiedenfarbenen Holzhäuser im einheimischen Baustil mit ihren dekorativen, traditionellen Erkern, "Tambours" genannt, die sich der Wasserfront entlang ziehen und die steilen, schmalen Strassen säumen, die das nordische Stadtbild prägen. Überrascht sind wir von den vielen eng geparkten Autos - viel zu viele für nur 25 km Strassenlänge. Wir fahren dem pittoresken Fischerhafen mit seinen roten Bootsseilzügen entlang, und schon bald empfängt uns Natur pur. Eine sich wegen dem nahenden Herbst bereits verfärbende Tundra breitet sich vor uns aus und leuchtet in ihren warmen Brauntönen. Wie ein stiller Bergsee, umrahmt von kleinen Zwergtannen, liegt ein Weiher malerisch zwischen alpin anmutenden Hügeln. An der schroffen, windgepeitschten Felsküste widerspiegeln sich die harschen Elemente des hohen Nordens. Pferde äsen friedlich auf Blumenwiesen und spazieren über die alte Flughafenpiste. Es ist eine Atmosphäre des Friedens. Als sich die letzten Sonnenstrahlen bereits in den bunt gestrichenen Häusern verfangen, haben wir die kurvenreiche Strasse gefunden, die auf die Anhöhe zum Aussichtspunkt über der Stadt führt. Das Panorama, das sich vor unseren Augen ausbreitet, ist wunderbar. Das ganze Häusermeer der Stadt erstrahlt in der untergehenden Sonne, und der kleine Leuchtturm "Pointe aux Canons", der seit eh und je die Fischer bei jeder Witterung Tag und Nacht in den sicheren Hafen lenkt, beginnt gerade golden zu blinken. "Bon Soir", ertönt es plötzlich neben uns. Es ist der Zollchef, den wir vor knapp zwei Stunden verlassen haben. Mit seiner Frau und seinem schwarzen, aus Afrika mitgebrachten Hund ist er ebenfalls unterwegs, um diesen besonders klaren Abend zu geniessen. Es soll nicht unsere letzte Begegnung sein, denn verfehlen kann man sich auf diesen winzigen Inseln nicht! Als die Lichter des Fischerstädtchens schon längst angegangen sind, ziehen wir uns schlussendlich auf einen einsamen Nebenweg zum Übernachten zurück.

 

Die Sonne versinkt im
atlantischen Ozean
Dichtgedrängtes farbenfrohes
Häusermeer von Saint Pierre
Die weissen Möwen sind
Bestandteil des Stadtbildes
 

Das kräftige Nebelhorn des Leuchtturms und das ferne Wiehern eines einsamen Pferdes sind die einzigen Geräusche, welche die Stille der Nacht durchdringen. Kaum sind wir am Morgen aus dem schützenden Auto gestiegen, sind wir von der enormen Feuchtigkeit des dichten Nebels von Kopf bis Fuss durchnässt. Vom Autodach tropft es ununterbrochen, als ob es geregnet hätte. Rundherum ist alles grau in grau. Was gestern Abend noch in voller Schönheit zu unseren Füssen lag und unsere Herzen höher schlagen liess, ist heute unsichtbar. Marie-Josée erwartet uns um neun Uhr in der Fernsehstation und stellt uns ihrem gutgelaunten Filmteam vor. Es ist einige Zeit her, seit wir das letzte Mal unser Französisch auffrischen konnten. Doch wir sind überraschend schnell wieder sattelfest und alle haben an diesem nebligen Aufnahme-Morgen viel Spass. Am Mittag kommt das Leben in dieser Kleinstadt zu einem kompletten Stillstand. Kein Laden, kein Supermarkt, keine Tankstelle, kein Postbüro – absolut gar nichts ist zwischen 1200 und 1330 Uhr geöffnet. Die Schulkinder kommen zum Essen nach Hause. Hauptnahrung ist nach wie vor Fisch, den das Meer in früheren Zeiten im Übermass lieferte. Sehr begehrt ist der Atlantik-Kabeljau, der mit den Inseln fest verbunden ist. Denn er ist es, der durch sein damals reichliches Vorkommen Siedler aus Spanien, England und Frankreich anlockte und eine gute Lebensexistenz bot. Seit ein paar Jahren ist er aber wegen Überfischung gänzlich ausgeblieben, was zu einem vorübergehenden Fangverbot geführt hat. Trotz der angeordneten Karenzzeit hat er sich bis heute nicht wie erhofft erholt, weshalb nun auf andere, weniger geschätzte Fischarten wie Krabben und Heringe ausgewichen wird. Der Kabeljau ist auch der Lieblingsfisch der Robben und hat schon ein Rekordgewicht von 100 kg auf die Waage gebracht. Die Fischerei-Zone der Inseln wurde auf zwölf Seemeilen festgelegt - Grund genug, sich wegen den daraus entstehenden Rechten mit den neufundländischen Nachbarn ständig in den Haaren zu liegen.

 

Der Erker, “Tambour“ genannt, widerspiegelt den lokalen Baustil
Marie-Josée, Joséphine und Michel
vor ihrem traditionellen Haus
Ein besonders schönes traditionelles Erkerhaus im Stadtzentrum
 
Einmal im Monat legt ein Versorgungsschiff aus Frankreich an, welches den begehrten französischen Wein, traditionellen Käse und andere Delikatessen und Spezialitäten bringt. Wer zuerst am Ball ist, hat die grösste Auswahl. Man kauft grosse Mengen ein. Käse und andere nicht haltbare Produkte werden sofort eingefroren. Früchte und gartenfrisches Gemüse liefert das Nachbarland Kanada wöchentlich. Und es wäre nicht mehr Frankreich, wenn die Bewohner ohne ihre täglich frischen Baguetten und knusprigen Croissants leben müssten. Wie auf dem Festland, werden sie auch hier sieben Tage die Woche am frühen Morgen gebacken. Das französische „savoir vivre“ ist auf diesem Archipel mindestens so ausgeprägt wie im “Métropole” – d.h. Frankreich selbst. Am Abend sitzen wir im gemütlichen Heim von Marie-Josée, ihrem Mann Michel und ihrer Tochter Joséphine. Wir werden mit allen möglichen, lang entbehrten Spezialitäten, verwöhnt. Als richtige Käseliebhaber, ist die grosse Auswahl an echtem französischem Käse - der übrigens aus Tradition auch als Nachspeise serviert wird - ein Hochgenuss. Bei einem Glas Rotwein, beginnt uns Michel einiges über das Inselleben zu erzählen: "Es ist immer noch ein gutes Leben, auch wenn die Fischgründe nicht mehr so reichlich sind wie früher. Aber wir können nicht klagen. Das einzige, was ins Auge gehen könnte ist, wenn jemand ernsthaft erkrankt und auf der Insel nicht behandelt werden kann. Dann muss er entweder ins Nachbarland Kanada oder nach Frankreich ausfliegen. Direktflüge nach Frankreich gibt es aber bis heute nicht. Alle Verbindungen laufen nach wie vor über den Nachbarn Kanada. Periodisch kommen Spezialisten wie Gynäkologen oder Optiker auf die Inseln. Der Andrang ist dann jeweils so gross, dass nur behandelt werden kann, wer sich rechtzeitig angemeldet hat."
 

Ein Katzensprung abseits der
Stadt ist alpine Natur pur
Liliana geniesst den
Blick über den Atlantik
Ein kleiner Weiher umgeben
von Natur im Herbstgewand
 

Während der berühmten amerikanischen Prohibitionszeit der 30er Jahre hatte Saint Pierre eine ganz spezielle Rolle inne. Es ist kein Geheimnis, dass dieser kleine Archipel zum wichtigsten Whisky-Umschlagplatz für den berüchtigten Chicago Gangsterboss Al Capone wurde. 300’000 Kisten sollen hier monatlich das Land verlassen haben. Das in den USA verbotene, begehrte Getränk wurde in Kanada destilliert und in riesigen Mengen legal nach Saint Pierre importiert, wo es gelagert, umgepackt und nach Amerika geschmuggelt wurde. Die Original-Whisky-Kisten blieben zurück und wurden wieder verwendet. Noch heute findet man sie beim Abbruch alter Häuser in Zwischenwänden. „Alles wird hier wieder verwendet“, erklärt Michel. Er zeigt auf seine Garteneinzäunung, die aus den jährlich aus Kanada importierten Christbäumen besteht, und auf seinen dekorativen Gartenstuhl, dessen Lehne ein Blauwahl-Rückengrat ist. Das Schreien fliegender Seevögel weckt uns am nächsten Morgen. Wir hören das sanfte Plätschern der Wellen und riechen die salzige Meeresluft. Ein spürbarer Frieden liegt über dem noch nebelverhängten Ort, als wir frühstücken. Plötzlich, als wollte die Insel ihren Schlechtwetterruf aufpolieren, flimmern erste Sonnenstrahlen zaghaft durch die Nebelwolken. Kurze Zeit später fegt ein starker Wind die graue Wolkenwand gänzlich weg und der Himmel erstrahlt in seinem tiefstem Blau. Wir bei unserer Ankunft, haben wir auch heute nur den einen Wunsch – vor unserer Abreise nochmals soviel wie möglich von St. Pierre zu sehen. Das Blau, Gelb, Rot und Grün der Häuser scheint uns heute intensiver denn je, als wir durch die Strassen streifen. Als wir um 11 Uhr am Frachthafen ankommen, ist die „Aldona“ schon abfahrtbereit. Leider ist heute die letzte Möglichkeit eines koordinierten Transportes zurück nach Neufundland für unseren LandCruiser und uns in dieser Saison. Gerne wären wir noch etwas länger geblieben, und gerne hätten wir auch die noch einsamere Nachbarinsel Miquelon-Langlade mit ihren 216 km2 besucht. Marie-Josée, die sich während unseres ganzen Aufenthaltes liebevoll um uns gekümmert hat, lädt uns zum Abschied noch zum Mittagessen ein, bevor die Passagierfähre „Marie-Galante“ ihre Seile kapert. Der Platz ‚General de Gaulle’ gegenüber dem Pier mit den am Abend belebten gemütlichen Bars und Restaurants, liegt an diesem frühen Nachmittag noch verwaist da, als wir mit zwei frischen Baguetten und Camembert unter dem Arm geklemmt einsteigen – eine der vielen Überraschungen von Marie-Josée. Sie winkt uns, bis wir auf dem offenen Meer verschwinden. Vor drei Tagen sind wir auf diesem abgelegenen Zipfel der Welt als komplette Fremde gelandet, und heute verlassen wir ihn mit einem wunderbaren Gefühl, auch hier spezielle Freunde gewonnen zu haben.

 

Saint Pierre ist von jedem
Blickwinkel eine Augenweide
Der rotweisse Leuchtturm auf "Petit Saint Pierre"
geleitet die Fischer in den sicheren Hafen
Das Passagier-Schnellboot
bringt uns in 1¼ Stunden zum
kanadischen Neufundland zurück