Home

 

Aktuell

Überblick

Tagebuch

Statistik

in English

 

MAIL

Hier einige Reise-Eindrücke aus St. Vincent

 

 
St. Vincent-Karte

 

 

 

Karte der Karibik
 

klicken Sie auf ein Bild, um es grösser zu sehen

 

 

 

 

 

 

 

Unser ‚Kieskahn’ - die
„MV Gondola“ - verlässt Grenada mit
Ziel Kingstown in St.Vincent
Ein neugieriger Vogel kommt zu Besuch
Die Bucht von Kingstown.
Im Hintergrund grüsst die Insel
Bequia, eine der Grenadinen
 
St. Vincent & die Grenadinen - "Juwelen der Karibik"

5. September 2003: Der erste schwache Schimmer der Morgendämmerung weckt uns durch einen kleinen Spalt des dunklen Schiffsraums der „MV Gondola“, wo wir uns auf einer harten Bank für die Nacht ausgestreckt haben. Wo sind wir? Wir reiben uns die Augen und treten mit noch schläfrigem Blick ins Freie. Beim Anblick der vorbeiziehenden Inselkulisse sind wir aber schlagartig hellwach. Fast geisterhaft zeichnet sich gerade die zackige Silhouette der gebirgigen Union-Insel ab – der erste „Flecken“ von St. Vincent nach dem Verlassen Grenada’s – und gleich dahinter taucht Canouan und dann die flachere Mustique auf, gefolgt von Bequia – alles verlockende Touristentraumziele und die grösseren der rund 32 verstreuten Bilderbuchinseln, die alle zur Grenadinen-Kette gehören. Sie liegen zwischen den Hauptinseln Grenada und St. Vincent. Das ist ein Zeichen, dass unser Ziel St. Vincent nicht mehr allzu weit entfernt ist, und tatsächlich winkt schon kurz darnach die pittoreske Hafenkulisse von Kingstown am Fusse üppig grüner Hügel.

 

Chateaubelair, ein nostalgisches
Fischerdorf an der Westküste
Zeuge einer vergangenen Zeit – die Ruine
eines Kamins einer Zuckerrohrfabrik
Das Luxusresort Young Island,
wo wir in den 70-er Jahren einige Ferientage verbrachten
 

Unser LandCruiser bietet einen traurigen Anblick, als er über und über mit Salz verkrustet von der Bootsrampe fährt. Es ist nicht zu verleugnen, dass wir mit dieser salzigen Überfahrt ein „grosses Ei“ für die Wucherung des Rostes gelegt haben, das heute noch seine Auswirkungen hat. Wir machen sofort das beste daraus und spritzen ihn mit dem Wasserschlauch ab, den uns der Kapitän in die Hand drückt. Wenn wir vorher gewusst hätten, dass die „MV Gondola“ ein ehemaliges Feuerlöschboot ist, welches für Häfen, aber nicht für das offene Meer gebaut wurde, so hätten wir uns wahrscheinlich nach einer anderen Verschiffungslösung umgesehen. Geladen wurden in Grenada neben unserer Wenigkeit von 4.5 Tonnen rund 120 Tonnen Kies – das Schiff ist aber nur für 98 Tonnen abgenommen – ein leerer Pkw und den bootseigenen Schaufellader, der noch ein Stück der Rampe belegte, so dass diese nicht mehr ganz geschlossen werden konnte. Mit dieser hoffnungslos überladenen Fähre tuckerten wir zehn lange Stunden - teils auf sehr rauer See, sobald wir vom Windschutz der Inseln weg übers offene Meer „gondelten“. Die Fähre sass vom enormen Gewicht so tief, dass das Meerwasser ständig unter dem Auto durchfloss, und bei höherem Wellengang wurde es gleich mit einer Dusche nach der andern „beglückt“, mal von oben, mal von der Seite. Glücklicherweise wurde der Kies um Mitternacht auf der Insel Carriacou entladen, die grösste der rund 10 weiteren Inseln der Grenadinen-Kette, die hier zu Grenada gehören. Somit brauchten wir uns wenigstens auf der zweiten Hälfte der Reise weniger um unser „Überleben“ zu sorgen, obwohl die „Gondola“ immer noch bedenklich tief von einer Seite zur andern schaukelte.

 

Fröhliche Schulkinder im St. Marys Komplex in Kingstown
Die verspielte St. Marys Kathedrale in
Kingstown ist aus dunklem Vulkansand gebaut
Eine farbenfrohe Marktszene
in Kingstown
 

Nachdem wir von der Einreisebehörde problemlos einen Monat Aufenthalt erhalten haben, zieht Emil erst einmal mit den Autopapieren zum Zoll los, während Liliana beim LandCruiser wartet. Überraschenderweise dauert es nicht lange, bis er wieder auftaucht. Er erzählt, wie einfach sich hier doch alles abgespielt hat: Erst meldete er sich beim Customs Comptroller Mrs. Jones, die als oberste Zollchefin bereits informiert worden ist, dass sich das Regierungskabinett (!) für eine kautions- und zollfreie Einreise unseres LandCruisers ausgesprochen hat. Sie entscheidet, dass wir nach Abschluss einer Versicherung den Hafen ohne irgendwelche Zollpapiere verlassen können. Robert, der junge Mann an der Schranke, stellt sich aber quer und weigert sich, uns einfach so ziehen zu lassen. Das sei noch nie dagewesen, und das könne nicht sein, ruft er aus. Er fordert Emil auf, ihm in ein anderes Gebäude zu folgen, wo eine höhere Garde sitzt, die alle wie „4-Stern-Generäle“ aussehen. Dort wird entschieden: „So geht es nicht!“. Also zurück zu Mrs. Jones, die aber bei ihrer Entscheidung bleibt. Nicht einmal ein Besucher-Autokennzeichen kriegen wir, wie es in Grenada der Fall war (hier existiert es nicht). Die einzigen Auflagen bestehen darin, einen lokalen Führerschein zu lösen, da der internationale nicht anerkannt wird, und bei der Polizei die Bewilligung zu holen, dass wir mit unseren Original-Autoschildern auf St. Vincent herumfahren dürfen, was ganz unkompliziert per Handschrift auf der Haftpflichtversicherungs-Police vermerkt wird. Und kein Polizist hält uns je auf - denn schon bald kennt uns ohnehin jeder.

 

Barrouallie – eines der nostalgischen Fischerdörfer an der Westküste
Eine der vielen farbenprächtigen Seerosen
im Botanischen Garten in Kingstown
Ein einsames Steinkirchlein in einer tropischen Umgebung
 

Hat sich St. Vincent seit den 70-er Jahren verändert, fragen wir uns, als sich das Hafentor hinter uns schliesst, denn damals liessen wir uns einmal für einige Ferientage auf Young Island verwöhnen – der luxuriösen Hotelresort-Anlage, die allein auf einer kleinen Privatinsel liegt. Einmal mehr wird uns so richtig bewusst, wie hundertprozentig wir doch seit damals unseren Lebensstil geändert haben, wie wenig Luxushotels für uns heute bedeuten.. Wir sind weit glücklicher mit einem einsamen Schlafplatz unter dem funkelnden Sternenhimmel in freier Natur. Hier hat es sich leider nicht so ergeben. Doch auf dem Garagenplatz von Kaspar Dasilva, dem Bruder des Toyota Vertreters, sind wir auch nicht schlecht aufgehoben, zumal wir dort auch täglich zwei Wasserflaschen ins Gefrierfach stellen können, die dann unsere Lebensmittel in der Engel-Kühlbox frisch halten, die plötzlich nach sechs Jahren ausgestiegen ist. Kingstown, die Hauptstadt von Saint Vincent & the Grenadines, mutet nicht so pittoresk wie St. George’s auf der Nachbarinsel Grenada an. Dafür hat sie eher Stadtcharakter und ist lebhafter mit mehr Einkaufsmöglichkeiten. Die Menschen sind mehrheitlich hellhäutiger, offener und aufgeschlossener. Punkto Herzlichkeit können sie durchaus mit der Dominikanischen Republik und Trinidad konkurrieren. Und sehr grün ist St. Vincent auch, wenn auch weniger mit Urwald bedeckt, sondern eher mehr mit Plantagen, vor allem Bananen, Kokosnuss und Brotfrucht (die Brotfruchtbäume wurden von Captain Bligh von der Bounty aus Tahiti eingeführt) die sich bis in die oberen Hänge dieser Insel vulkanischen Ursprungs ausdehnen.

 

Blick auf die wilde Küste
im Nordosten
Gelbe Hängeblüten im Botanischen
Garten in Kingstown
Ein nordischer „Touch“
an der Ostküste
 

Landschaftlich sehr beeindruckend empfinden wir die Westküste bis zum Ort Richmond, wo dann die Strasse beim wilden, steinigen Wallibou Urwaldfluss abrupt aufhört (die Taiwan-Chinesen sollen demnächst mit dem Bauen des fehlenden Strassenstückes zum Nordzipfel beginnen, damit die Insel eine ganze Ringstrasse erhält). Es ist eine abenteuerliche Fahrt, erst fast senkrecht auf hohe Gipfel, um gleich darnach wieder ebenso steil auf vielen engen Kurven ins nächste Tal auf Meereshöhe abzufallen. Wild wuchernde Urwaldgewächse und gepflegte Kokosplantagen sind ein stetiges Wechselbild. Was uns aber an dieser Küste auch fasziniert, sind die noch ursprünglichen Fischerdörfer Layou, Barrouallie und Chateaubelair. Überall schaukeln in den palmenumsäumten Buchten Fischerbote in leuchtenden Farben, und überall hängen Fischernetze zum Trocknen oder Reparieren. An einer Bucht kühlt sich eine fette Sau gerade im Meer ab, an einer anderen kochen Menschen auf einem einfachen Holzfeuer oder waschen Frauen an Gemeinschaftströgen. Es ist genau das idyllische Bild, das wir uns von einem Fischerdorf immer gemacht haben. Wenig später erreichen wir Richmond. Dort finden wir an der Flussmündung des Wallibou Rivers unter einem Mandelbaum mit weit ausladenden Ästen einen schönen Rastplatz. Es gibt sogar Picknicktische und Bänke, die aber leider am Vergammeln sind. Vorne am breiten Kiesstrand sortieren gerade Rastafarians - Männer und junge Frauen - Steine jeglicher Grösse und balancieren die schwere Last auf dem Kopf zu verschiedenen Sammelstellen – eine harte Arbeit für bestimmt wenig Geld.

 

Unser Campingplätzchen
unter dem Mandelbaum...
...mit Blick auf die Calliaqua Bucht
Brian bedruckt farbenfrohe T-Shirts
mit afrikanischen Motiven
 

Zu unserem Lieblingsplatz haben wir schon bald die stille Calliaqua Bucht nur wenige Kilometer vom Flughafen entfernt erkoren, wo einige wenige Segelboote ankern. Es gibt kaum einen Tag, wo wir uns nicht unter den Mandelbaum stellen und gemütlich unser Mittagessen zubereiten und die Nachmittagsstunden geniessen. Dort lernen wir eines Tages auch Brian kennen, der in der Stadt einen Gourmetshop besitzt, aber auch T-Shirts mit wunderschönen afrikanischen Motiven bedruckt. Sein Arbeitsplatz ist gleich gegenüber unserem Stammplatz – eine willkommene Gelegenheit, bei der T-Shirt-Entstehung zuzuschauen. Er benützt dazu verschiedene Schablonen und verschiedenfarbige, sehr schnell trocknende Tinten. In weniger als zwei Stunden sind seine Werke fertig. Spontan drückt er uns eines mit einer farbenfrohen Marktszene in die Hände. Aber seine Gastfreundschaft geht noch weiter: Er lädt uns ein, in seinem Laden einen ganzen Karton mit Delikatessen zu füllen. Es ist schön, wieder einmal nach Herzenslust zugreifen zu können, ohne auf den Preis achten zu müssen. Wir entscheiden uns u.a. für Olivenöl, Marmelade, Thai Bier, Reisnudeln, Kouskous, Cornflakes und Sweet Chili Sauce.

 

Blick auf die perfekt geformte
Cumberland Bucht an der Westküste
Marktfrau verkauft Bananen
in Kingstown
Kirchlein in einem Meer von
Palmen im leuchtenden Abendlicht

 

Nach dem Motto „Kapitän nimm uns mit auf die Reise“ klopfen wir eines Tages, als die „MV Admiral Bay“ im Hafen liegt, beim Kapitän an und erhalten ganz überraschend seine Zustimmung, dass wir am 29. September zusammen mit unserem LandCruiser sein Bananen-Schiff nach Barbados besteigen dürfen. Welch grosser Glücksfall! Am nächsten sonnigen Tag fahren wir schon früh morgens los, um die Ostküste zu erkunden. Wir kommen nicht weit, als uns plötzlich ein ohrenbetäubender Knall aufschreckt - der hintere linke Reifen ist geplatzt und wir hocken nun mitten auf einer zerlöcherten, einspurigen Strasse auf der Felge fest. Unser schweres Auto in solch steil abfallenden Strassen aufzubocken, ist immer eine heikle Sache. Deshalb sind wir wirklich froh, als wir eine halbe Stunde später wieder der wilden Küste entlang unterwegs sind. Jeden Meter erwarten wir, dass die verlöcherte Asphaltstrasse endet, doch sie geht weiter, wenn auch zunehmend in schlechterem Zustand, mit ab und zu mal einer kurzen Sandpassage. Aber auch das breite, kiesige Bachbett des Dry Rivers stellt trotz anderslautender Behauptungen keine besondere Herausforderung dar.

 

Zerklüftete Ostküste mit einsamer
Kirche von Biabou auf einem Felsvorsprung
Raubvogel mit seiner Beute
auf einer Kokospalme
Einer der vielen verlassenen Strände
aus schwarzem Vulkansand an
der Windward Küste

 

Nördlich der zweitgrössten Stadt Georgetown, das eher wie eine Geisterstadt anmutet, wird es dann sichtbar ärmlicher, dafür aber landschaftlich grandioser. Gleich nach dem Rabacca Dry River beginnen menschenleere Strände, meistens aus schwarzem Vulkansand. Zum Baden eignen sich wegen der starken und gefährlichen Brandung aber leider nur wenige. Besonders schön sind die Ausblicke auf die Sandy Bay und auf Owia. Beim Sand Pond von Owia finden wir eine gepflegte Anlage mit Picknicktischen und eine steile Treppe, die den Hang hinunter zum wasserumspühlten Weiher führt. Mein Herz schlägt höher, als ich all die vielen schönen Muscheln entdecke, und da heute gerade mein Geburtstag ist, erachte ich sie als ein überraschendes Geburtstagsgeschenk. Aus Zeitmangel fällt das heutige Menü einfach aus. Es gibt „Käse- und Ei-Omelette“, was wir mit einer verfilzten Hündin teilen, bevor wir die letzte Etappe bis Fancy in Angriff nehmen. Es wird enger, steiler und kurviger, je nördlicher wir kommen, was uns zwingt, alles im Allrad zu fahren. An diesem „Ende der Welt“ leben noch die schwarzen Carib, die Nachfahren der Ureinwohner der Insel, die in ihrem Wuchs kleiner und zierlicher sind als die Negros aus Afrika. Es scheint, dass sich ihr Leben noch in vollem Einklang mit der Natur abspielt. Auf der Rückfahrt wird das Abendlicht immer schöner. Die Kokospalmen, die roten Felsen, das blaue Meer leuchten in einer gewaltigen Intensität – ein wunderbares Naturschauspiel und krönender Abschluss dieses Tages.

 

Blick auf das kleine Fischerdorf
Layou an der Westküste
Barrouaillie – eine Fischerszene
wie im Bilderbuch
Friedliches Fischerdorf Barrouallie
auf der Leeward Seite (West)

 

Auf der 344 km2 grossen Hauptinsel leben heute rund 100’000 Einwohner. Auffällig ist das junge Durchschnittsalter: Mindestens 60% sollen zwischen 15 und 30 Jahre alt sein. Wenn wir in Kingstown all die Kinderscharen noch viel jüngeren Alters auf dem Weg zu den verschiedenen Schulen beobachten, so drängt sich automatisch der Gedanke auf, wohin diese unheimliche Bevölkerungsexplosion auf dieser kleinen Insel noch führen wird, die mangels eines geeigneten Jet-Flughafens vorwiegend vom saisonalen Kreuzschifffahrts-Tourismus leben muss. Schneller als uns lieb ist, naht der 29. September, unser Abschiedstag.. Um 13 Uhr borden wir die „MV Admiral Bay“. Das friedliche St. Vincent entlässt uns genau so unbürokratisch, wie es uns am 5. September empfangen hat. In Zukunft werden unsere Gedanken bestimmt noch oft zu dieser verschlafenen Insel mit seinen warmherzigen Menschen zurückkehren und vor allem auch an ihre wunderbar unkomplizierten Autoeinreisebestimmungen. Wir beschliessen, auf den unbequemen Bananenschachteln auf Deck zu nächtigen, obwohl uns der Kapitän Matratzen im Schiffsraum angeboten hat. Wir lieben es, die salzige, kühle Meeresbrise um unsere Ohren zu spüren und nachts den funkelnden Sternenhimmel und die fernen Lichter zu beobachten, die zu anderen vorbeiziehenden karibischen Insel-Juwelen oder Schiffen gehören.

Wenn bei Young Island die rote Sonne im Meer versinkt......
 
 
Zeitungsartikel über uns in St. Vincent:
Artikel: "Swiss couple drives St. Vincent, the World", 19. September 2003
Artikel: "Emil and Liliana, the driving couple", 26. September 2003