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Hier einige Reise-Eindrücke aus Französisch Guyana

 

 
 
Französisch Guyana Karte

 

 
Karte der Guyanas

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Auf der Autofähre über den Maroni Grenzfluss nach Französisch Guyana
Ein junges Mädchen beim Abwasch
am Maroni Flussufer in Saint Laurent
Lange, schmale Holzpirogen sind das Transportmittel über den Maroni Fluss
 
Französisch Guyana "französisches Europa in Südamerika"

Der tropische Regen trommelt immer noch unaufhörlich auf unser Autodach, als die Autofähre aus Suriname nach 25-minütiger Fahrt über den Maroni Grenzfluss in Saint Laurent-du-Maroni in Französisch Guyana anlegt. Die französische Flagge, die über dem Zollhäuschen weht, ist die unmissverständliche Bestätigung: Soeben haben wir europäischen Boden betreten. Und schon tönt eine freundliche Stimme: „Bienvenue les Suisses“ - „Willkommen die Schweizer“. Der Empfang hat direkt eine persönliche Note an sich. Natürlich, es sind ja dieselben Grenzbeamten, die sich schon vor zwei Jahren um uns gekümmert hatten und uns oder unseren LandCruiser sofort wieder erkennen. Die Einreiseformalitäten sind in Rekordzeit abgewickelt: Während ein Immigrationsbeamter unsere Pässe abstempelt, studiert ein zweiter aufmerksam unsere grüne Versicherungskarte, die wir uns für viel Geld - happige US$169 - in Georgetown/Guyana für einen Monat besorgten. Von unserem ersten Besuch her wissen wir, dass sie eines der wichtigsten Autodokumente ist, das man hier unbedingt haben muss - ohne gibt es keine Einreise. Und hier in „Europa“ verkaufen sie nur jährliche Versicherungen für barbarische Eurobeträge. Was wir alles im Auto mitführen, interessiert dann den schwarzen Zöllner nicht im geringsten, umsomehr, als es ja immer noch wie aus Kübeln giesst. So rollen wir fünf Minuten nach Ankunft bereits aus dem Zollareal.

In Saint Laurent findet man noch
prächtige Kolonialarchitektur
Markttag in Saint Laurent:
Exotisch, lebendig und farbig
Die schmucke Kirche am Ende der Hauptstrasse in Saint Laurent
 
Kurze Zeit später sitzen wir in der gemütlichen Zweizimmer-Wohnung unseres Freundes Philippe, eines französischen Grenzpolizisten, den wir vor zwei Jahren in Paramaribo in Suriname kennen gelernt hatten. Er hat uns an der Fähre abgeholt, uns seine Hausschlüssel in die Hand gedrückt und ist dann eilig wieder zum Dienst verschwunden. Immer wieder staunen wir über das uneingeschränkte Vertrauen, das uns Menschen vielfach entgegenbringen, für die wir bis vor kurzem noch komplette Fremde waren. Schon längst ist es kein Einzelfall mehr, dass man uns ein ganzes Haus oder eine Wohnung einfach bedingungslos überlässt. So werden wir auch hier in Saint Laurent für drei Wochen hausen und die kleine Wohnung hüten, während Philippe ins nachbarliche Brasilien in die Ferien reist. Er wohnt im Parterre eines Vierfamilienhauses in einer Siedlung, wo praktisch nur Schwarze leben. Das Quartier gilt nicht unbedingt als sicher, weshalb Philippe für uns arrangiert hat, dass wir unseren vollbepackten LandCruiser am Abend in sicherer Obhut seines rund ein Kilometer entfernten Kommandopostens abstellen dürfen.

 

Die Unter-Präfektur von
Saint Laurent-du-Maroni
Putzige Agutis erfreuen uns immer wieder
In Jahouvey verkaufen die Hmong an Markttagen laotische Spezialitäten
 

Seit unserem letzten Besuch im April 2003 hat sich im sympathischen kleinen Grenzort Saint Laurent - pittoresk am breiten Maroni-Fluss gelegen - eigentlich kaum etwas verändert. Immer noch schaukeln farbenfrohe Holzpirogen am lebhaften Ufer, wo geschäftstüchtige „Kapitäne“ sich um jeden einzelnen Passagier streiten. Immer noch trifft sich an den lauen Abenden Jung und Alt am Flussufer zum Schwatzen, Trinken und Feiern. Immer noch zwitschern in ihren allzu kleinen Käfigen, die überall im Freien aufgehängt werden, kleine Finken, die für Wettbewerb-Singen trainiert werden. Und immer noch wird von der wachsamen Grenzpolizei täglich Jagd auf unrechtmässige Einwanderer aus Suriname und dem ehemals Britischen Guyana gemacht, die irgendwo illegal über den Fluss geschmuggelt werden zusammen mit Treibstoff und Gütern des täglichen Gebrauchs, u.a. Eier, Kartoffeln, Zwiebeln, Knoblauch, Mehl, Maispulver und Maggiwürfel. Die Ware wird dann auf Schubkarren umgeladen und direkt am Strassenrand verkauft oder von schwarzen Frauen durch die Strassen gekarrt – Hauslieferung wie zu guten, alten Zeiten.

 

Guillotine Hinrichtungsplatz der franz. Sträflingskolonie in Saint Laurent
Farbtupfer der Natur zwischen den
grauen Mauern der Sträflingskolonie
Zelle des Sträflings Henry Charrière,
als „Papillon“ berühmt geworden
 

Das Farbenprächtigste an St. Laurent aber sind die lebendigen Markttage. Orange leuchtende Mangos türmen sich neben grünen Papayas; Bananenstauden in rot, gelb und grün neben prallen Ananasfrüchten und aufgeschnittenen Passionsfrüchten mit Kernen wie grauschimmernde Glasperlen. Es ist wirklich erstaunlich, wie vielfältig und gartenfrisch und von einwandfreier Qualität Früchte und Gemüse angeboten werden. Kultiviert wird alles hauptsächlich durch die fleissigen Hmong - ehemalige Flüchtlinge aus Laos -, die in den 70er Jahren in den Dörfern Javouhey und Cacao angesiedelt wurden. Feilschen ist interessanterweise nicht üblich, weder bei den schwarzen noch bei den asiatischen Händlern; auch unterbietet keiner die Preise. Meine bevorzugte Marktfrau ist eine ältere, sehr kleinwüchsige und spindeldürre Hmong. Meistens kaufe ich bei ihr grossblättrigen grünen Salat - sieben Köpfe kosten 2 Euros – wunderbar süsse Papayas – 4 Stück zum selben Preis - und ein ganzes Netz grüne, kernlose Zitronen für 1 Euro. Diese Produkte sind jetzt gerade in Saison und recht preisgünstig.

 

Flucht eines Franzosen von
der Zivilisation ins Buschleben
am Strand von Les Hattes
Eine „Leatherback“ Riesenschildkröte
legt ihre Eier am
Sandstrand von Les Hattes
Die „Leatherback“ Schildkröten
können über zwei Meter lang
werden und bis zu 900 kg wiegen
 

Hingegen ist alles, was aus Frankreich importiert wird – und das ist sonst das meiste – übertrieben teuer, zumindest für uns, weniger für die hier aus der „Métropole“ arbeitenden Franzosen, die 40% mehr entlöhnt werden als im europäischen Mutterland. Die Einheimischen beziehen - auch ohne zu arbeiten - ein Minimalsalär von €400, und bei Kinderreichtum kann es sogar €3’000 übersteigen. Wahrscheinlich ist dies auch ein Grund des überreichen Kindersegens, der uns bei unserem täglichen kilometerlangen Fussmarsch durch das „Charbonnière“-Quartier von der Wohnung zum Autoabstellplatz immer wieder auffällt. Die "Maroons" - die Nachfahren afrikanischer Sklaven - vermehren sich explosionsartig. Die Strassen sind voll von ausgelassen spielenden, oft nackten Kleinkindern. Sich kreischend und quietschend auf leeren Mülltonnen herumzustossen, scheint eine ihrer Lieblingsbeschäftigungen zu sein. Grössere Mädchen schieben ihr schmutziges Geschirr auf Schubkarren zum Abwasch im Fluss. Es ist zwar kein authentisches afrikanisches Buschleben mehr, hat aber immer noch gewisse Anzeichen davon, mit der ganz grossen Ausnahme, dass praktisch vor jedem Haus ein eigenes Auto parkiert ist!

 

Imposante Brücke und
farbenfrohe Kirche in Sinnamary
- auf halbem Weg nach Cayenne
Fische „mit grossen Augen“
im Hafen von Kourou
Ein Fischer beim Ausnehmen
seines Fangs im Hafen von Kourou
 
Eines Nachmittags besuchen wir in Flussnähe auch das „Camp de la Transportation“, die frühere französische Sträflingskolonie, wo sich auch der berühmte Henri Charrière - besser als „Papillon“ bekannt - für einige Zeit aufhielt, bevor er auf die Îles-du-Salut nach Saint-Joseph verbannt wurde. Das gesamte Gefängnis sowie auch der Ort Saint Laurent selbst, der damals nur aus einer Amerindian-Familie bestand, entstand durch Zwangsarbeit der Deportierten; jeder einzelne Ziegelstein wurde von Hand hergestellt. Heute wird man mit rd. €3’000 bestraft, wenn man einen mitlaufen lässt. Die ersten Schiffe mit Inhaftierten, die oft im Mutterland nur kleiner Vergehen oder gar Lappalien beschuldigt wurden, landeten 1852. Erstens wollte Frankreich sie weg haben, und zweitens wollte man – analog dem australischen Beispiel – Guyana als Kolonie neu besiedeln. Im Schnitt verbrachte jeder Verurteilte vier Jahre in diesem Camp. Die Glücklicheren sahen die Freiheit wieder, die andere starben oft eines erschütternden Todes. Zwangsarbeit, mangelhafte Ernährung, die bei harter Bestrafung nur aus hartem Brot und Wasser bestand, tropische Krankheiten und menschenunwürdige Lebensbedingungen forderten ihr Tribut. 1953 wurde die Strafanstalt geschlossen.
 

Der Start einer Ariane 5
wird angekündigt
Die Ariane 5 zündet und .........
......... steigt majestätisch wie eine
Fackel in den dunklen Nachthimmel
 

Wenn man die Geschichte im gut dokumentierten Museum verfolgt, die Einzel- und Sammelzellen besucht, sich das grausame Leben der Gefangenen in der tropischen Hitze mit all seinen Krankheiten vorstellt und den detaillierten und theatralischen Erklärungen unseres Führers über die Zeremonie der Exekution mit der Guillotine folgt, so läuft uns schon bald die Gänsehaut über den Rücken. Zum Beispiel wurden alle Inhaftierten gezwungen, jeder Hinrichtung bis zum bitteren Ende zuzuschauen. Wer seinen Kopf, resp. die Augen senkte, wurde hart bestraft. Die Köpfe der Hingerichteten wurden konserviert und zur Abschreckung im Spital ausgestellt. Aber auch was wir vom Blockhaus, der Gemeinschaftszelle, hören, lässt uns die Haare zu Berge steigen. In diesem engen Raum wurden bis zu 50 Sträflinge stehend 22 Std. pro Tag an den Füssen angekettet. Nur an zwei Stunden hatten sie die Möglichkeit, ihre Notdurft zu verrichten. Man muss sich bei der tropischen Hitze den penetranten Gestank in dieser Gemeinschaftszelle vorstellen, wenn die Häftlinge den „Ruf der Natur“ nicht mehr unterdrücken konnten.

 

Auch die Schweizer Flagge weht
im Weltraumzentrum von Kourou
Das imposante Modell der Ariane 5 vor dem Weltraumzentrum-Hauptgebäude in Kourou
Von unten sieht die Rakete
noch gigantischer aus
 

All das scheint uns aber immer noch „menschlicher“ als das Los der Schwerstverbrecher und politischen Häftlinge, die auf Nimmerwiedersehen auf die Îles-du-Salut (Royale, Diable und St-Joseph) in Einzelhaft verbannt wurden. Auf der wilden, feuchtheissen und regenreichen Insel St-Joseph hatten die winzigen Zellen nicht einmal ein Dach zum Schutz gegen die Witterung, sondern nur Gitterstäbe, so dass die Inhaftierten zusätzlich auch noch jede Sekunde den wachsamen Augen ihrer gnadenlosen Wächter ausgesetzt waren. Bald wird nichts mehr von den Ruinen dieser „grünen Guillotine“ übrig bleiben – der Urwald holt sich langsam alles wieder zurück. Was bleiben wird, ist eine palmenbedeckte, ozeanumspülte, einsame Insel – heute ein kleines tropisches Paradies. Lange haben wir uns überlegt, ob wir uns die bei Kourou vorgelagerten Îles-du-Salut überhaupt leisten wollen. Immerhin kostet die Überfahrt mit einem Katamaran für die kurzen 15 Kilometer Segelfahrt stolze €49 p.P. Doch der Wunsch, den Ort zu sehen, wo „Papillon“ schlussendlich seine sensationelle Flucht nach Venezuela gelang, siegte dann doch.

 

Unser Lieblingsplatz in Kourou ist
der Dreyfus Leuchtturm mit Blick
auf die „Îles du Salut“
Mit dem Katamaran „Hulotte“
segeln wir zu den „Îles du Salut“
Friedhof der Sträflinge
auf der Insel St. Joseph
 

Aber es gibt in St. Laurent noch etwas anderes, etwas fürs Herz und Gemüt: Die Beobachtung der Riesenschildkröten „Leatherback“ (Lederschildkröten). Und diesmal sind wir zur richtigen Zeit am richtigen Ort, denn jedes Jahr von März bis Juli landen sie am Sandstrand von Les Hattes beim Amerindiendorf Yalimpo, rund 60 km von Saint Laurent entfernt, der als einer der wichtigsten Legeplätze der Welt gilt. Mit Spannung, Neugier und Erwartungen warten wir auf den richtigen Zeitpunkt - auf die Flut, mit der sich die Schildkröten an Land schwemmen lassen. Dann ist es soweit. Mit Taschenlampen und Mückenspray ausgerüstet, laufen wir dem feinen Sandstrand entlang. Schon bald entdecken wir die erste. Sie hat sich bereits genügend weit vom Wasser hochgerobbt, um ihre Eier von den Wellen zu schützen und beginnt gerade, mit ihren kräftigen Hinterflossen ein tiefes Loch zu graben. Regungslos stehen wir daneben, um sie bei der anstrengenden Arbeit nicht zu stören. Als ihr Nest tief genug ist, stösst sie das erste Ei heraus und rd. zehn Minuten später folgen dann die andern hintereinander, an die 100, meistens so gross wie Golfbälle und weiss. Kaum ist sie mit Legen fertig, beginnt sie mit dem gewissenhaften Zuschütten ihres Nestes, was abwechslungsweise wieder mit der einen und dann mit der andern Hinterflosse geschieht, wobei zwischendurch der Sand immer mal wieder mit Klopfen befestigt wird. Zum Schluss verwischt sie dann mit Schwimmbewegungen ihrer beiden immensen Vorderflossen ihre Nestspuren gänzlich und robbt als Ablenkungsmanöver erst noch ein Stück weiter, bevor sie sich zum Meer zurückschleift und in den dunklen Wogen des Atlantiks verschwindet.

 

Blick von der Insel St. Joseph
auf die Île de Diable
Winzige Einzelzelle ohne Dach
im Dschungel von St. Joseph
Heute muten die „Îles du Salut“
paradiesisch an
 

Der ganze Vorgang hat an die zwei Stunden gedauert. Es geht uns hier genau so wie beim Beobachten der laichenden Lachse in Alaska - wir sind auch hier wieder zutiefst gerührt vom anstrengenden instinktiven Reproduktionsprozess dieser vom Aussterben bedrohten Tierart, umsomehr, als er sich in kurzen Intervallen jährlich rund siebenmal wiederholt. Aber wir sind uns auch schmerzhaft bewusst, dass in zwei Monaten nur wenige der Jungtiere eine Überlebenschance haben werden (laut Statistik sind es nur deren zwei von den rund 100 gelegten Eiern). 1992 zählten sie hier noch rund 50'000 dieser Riesenschildkröten, heute sind sie auf die Hälfte reduziert worden. Die Hauptfeinde sind vor allem wilde Hunde und gewissenlose Menschen, welche die begehrten Eier entweder selber essen oder sie auf dem Markt illegal verkaufen. Die „Leatherback“ können übrigens bis über zwei Meter lang werden und bis zu 900 kg wiegen. „Unsere“ Exemplare – wir sehen an diesem Abend sechs - schätzen wir auf 1.5 Meter.

 

Beim Dreyfus Leuchtturm in
Kourou: Palmenstrand und .........
......... natürliche Wasserbecken
Grashalme wiegen sich im Wind
und leuchten im Abendlicht
 

Unser nächstes Ziel ist das Europäische Weltraumzentrum Kourou, 200 km von Saint Laurent entfernt. Wegen der hier rund 3’000 aus der „Métropole“ arbeitenden Franzosen wird Kourou auch „Weisse Stadt“ genannt. Vor zwei Jahren, am 9. April 2003, wollte es der Zufall, dass wir wieder zur richtigen Zeit am richtigen Ort waren, denn genau bei unserer Durchreise ist der Start einer Ariane 5 vorgesehen. Die Vorfreude ist gross, wird aber schon bald dadurch gedämpft, dass alle Zuschauerplätze schon vergeben sind. So was von Pech! Haben wir vielleicht trotz der ellenlangen Warteliste doch noch eine winzige Chance? Auf jeden Fall lassen wir uns ebenfalls eintragen. Natürlich sind wir nicht die einzigen mit diesem schwachen Hoffnungsschimmer. Plötzlich werden Namen ausgerufen, auch die unserigen – hurra, wir sind dabei! Bald liegt überall Freude in der Luft und jedermann strahlt um die Wette, denn wegen der vielen „no shows“ – dem Nichterscheinen – bleibt am Schluss niemand zurück. Alle dürfen die Busse besteigen, die uns zum „Agami Point“, einer Plattform rund 6.5 km vom Startort entfernt, bringen.

 

Eine prachtvolle weisse Blüte
baumelt von einem Baumast
Gibt es hier etwas zum Fressen?
Äffchen klammern sich auf
den „Îles du Salut“ an Liliana
Das undurchdringliche
Blätterwerk des Regenwaldes
ist immer eine Augenweide
 

Die Rakete ist hell beleuchtet, als wir eintreffen, und auf dem breiten Bildschirm können wir gerade noch die letzten Startvorbereitungen verfolgen. Dann kommt der aufregende Nervenkitzel des „Countdown“. Schlagartig wird es unter den rund 400 Zuschauern mäuschenstill. Pünktlich zündet Ariane 5 und steigt mit einigen Sekunden Verzögerung dann langsam und majestätisch wie eine Fackel gegen den dunklen Nachthimmel, um kurz darauf in den Wolken zu verschwinden. Nochmals wenige Sekunden später folgt ein tiefer, kräftiger Donnerschwall, der den Boden erbeben und alle Urwaldgeräusche für einige Minuten verstummen lässt. Nachdem die Aufregung langsam abklingt, vernehmen wir schon, dass die Mission geglückt ist. Überall herrscht Freude. Warum wurde für das europäische Weltraumzentrum ausgerechnet das kleine Dschungelland Französisch Guyana gewählt, fragen wir uns, als wir mit dem Bus zum Parkplatz zurückfahren. Die Antwort erhalten wir anderntags bei unserer 3-stündigen, sehr informativen Besichtigungstour - die übrigens gratis ist: Erstens ist es die ausserordentlich günstige Lage zum Äquator (Ausnutzung der Erddrehung), zweitens die Nähe des Ozeans (Booster fallen ins Meer), drittens die spärliche Besiedlung (niemand muss beim Start evakuiert werden) und viertens die vielen unbebauten Flächen. Interessant ist auch, dass alle Gebäude des Weltraumzentrums weit auseinander gebaut wurden, um die teuren Anlagen im Falle eines plötzlichen Absturzes oder einer Explosion zu schützen.

 

Beim Monjoly Sandstrand
in Cayenne erleben wir die
schönsten Abendstimmungen
Ein traditionelles Kolonialhaus
bei Cayenne - heute ein
schützenswerter Anblick
Der Hauptplatz in Cayenne:
„La Place des Palmistes“
 

Endlich erreichen wir Cayenne, die Hauptstadt, die nur etwa 60 km von Kourou entfernt ist. Werden wir von hier nun nach Brasilien weiterreisen, oder wird uns der Wind sonst irgendwohin wehen? Dies ist die grosse Frage, die uns schon seit Wochen beschäftigt. Zwei Stunden im Büro des stellvertretenden Managers der CMA-CGM - der grossen französischen Schifffahrtslinie - genügen, um unsere Augen glänzen zu lassen. Unser Traum, nach Südostasien zurückzukehren, um dort neue Länder zu entdecken, wird plötzlich wahr. Das zeigt uns erneut, dass die Franzosen, die wir früher eher als arrogant und distanziert eingestuft hatten, hier in Französisch Guyana ganz anders sind – hilfreich, warmherzig,, gastfreundlich, interessiert und offen, und sie haben irgendwie auch noch einen Hauch von Abenteuergeist. Überall fanden wir auch sofort freundliche Aufnahme: In Saint Laurent bei Philippe, der uns für drei Wochen seine Zweizimmerwohnung anbot; in Kourou bei den Familien Birebent und Marsy, die uns einluden, im Haus zu schlafen. In Cayenne sind es Xavier, selber ein passionierter Reisender mit Motorrad und Seitenwagen, sowie Francine und Philippe, die sich aufmerksam und liebevoll um uns kümmerten. Immer wieder sind es all diese kostbaren Kontakte, die unsere Weltreise so wunderbar bereichern.

 

Gemütliches Frühstück im Garten
von Xavier LoPinto in Cayenne
Ein Wasservogel sucht im
Schlick nach Fressbarem
Einfaches „Carbet“ (Wochendhäuschen)
am Ufer des Kourou-Flusses
 

Als wir uns am 29. Juli von Französisch Guyana und damit von den drei Guyanas verabschieden, denken wir mit Nostalgie und Dankbarkeit an all diese gastfreundlichen Menschen zurück, an das bunte Völkergemisch mit all seinen Kulturen, Lebensweisen und Religionen, an die Geheimnisse des Regenwaldes, an unsere abenteuerlichen Dschungelpisten und die schwarzen Urwaldflüsse, die uns immer wieder zum Träumen bewegten, an die Rufe exotischer Vögel und an unsere schönen Frühstücksstunden beim Hotel „Les Roches“ in Kourou, wo wir jeden Morgen die Katamarane zu den vorgelagerten Îles-du-Salut beim Segel setzen verfolgten. Wir haben viele Wochen in dieser für uns ganz speziellen Gegend verbracht und keinen einzigen Tag davon bereut. Es hat sich sogar eine gewisse „Liebe“, ein gewisses „sich zu Hause fühlen“ eingeschlichen. Um deshalb unseren Abschied nicht allzu abrupt werden zu lassen, durchqueren wir die liebgewonnenen drei Guyanas gleich ein drittes Mal, diesmal von Cayenne nach Georgetown mit öffentlichen, vollbepackten Minibussen, während unser treuer LandCruiser in einem Container auf den Hochseewellen in östlicher Richtung seinem neuen Ziel – Singapur – entgegenschaukelt. Um 05.00 Uhr des 4. August 2005 ist es dann auch für uns endgültig soweit: Mit etwas feuchten Augen und einer gewissen Wehmut besteigen wir auf dem Flugplatz in Georgetown die BWIA in Richtung Miami, von wo wir in westlicher Richtung unserem neuen Ziel entgegensteuern werden. Über uns türmen sich fantastische, skurrile Wolkengebilde, unter uns streift das erste Morgenlicht spielerisch das dichte, grüne Kronenwerk des ursprünglichen Regenwaldes mit seinen sich träge schlängelnden Flüssen – ein krönender Abschied von diesen drei abgeschiedenen Urwaldstaaten im Nordostzipfel von Südamerika, die einen festen Platz in unseren Herzen erobert haben.

 

So war die neue Urwaldpiste von
Regina nach St. Georges (an der brasilianischen Grenze) bis vor kurzem
Amerindian Kinder leben noch
im Einklang mit der Natur
Urwaldflüsse schlängeln sich durch den Regenwald von Französisch Guyana
 
Zeitungsartikel über uns in Französisch Guyana:
Artikel: "Le périple le plus long d'Emil & Lilian Schmid", 7. April 2003
Artikel: "Tour du monde, à deux et en voiture", 9. April 2003
Artikel: "A vous Les Toyoteurs du Monde", Mai 2003