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Hier einige Reise-Eindrücke aus Guyana - Teil 1: Rupununi

Teil 2: Iwokrama

Teil 3: Georgetown   

 
 
 
Guyana Karte

 

 

 
Karte der Guyanas

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Ankunft in Guyana mit der
Fähre über den Takutu River
Die Räder unseres LandCruisers werden
mit einem altertümlichen Gerät desinfiziert
Strohbedecktes Amerindian Haus
im Süd Rupununi
 
Guyana – "Land der vielen Wasser"

"RUPUNUNI" (Teil 1: Lethem - Annai)
 
 
Der einfache Ponton tuckert gemächlich über den schmalen Takutu Grenzfluss, der Brasilien von Guyana trennt. Bei jedem Meter intensiviert sich unsere Vorfreude auf die Geheimnisse des jungfräulichen Regenwaldes, der zusammen mit den Weiten der Rupununi Savanne 80% des Landes bedeckt. Endlich steht das grosse Abenteuer in Griffnähe! Vergebens halten wir beim Anlegen Ausschau nach einer Art Zollgebäude – es gibt weit und breit keines. Nur ein einsamer Mann steht bereit, um mit einem altherkömmlichen Desinfektionsgerät sorgfältig die Räder unseres LandCruiser zu besprühen. Wir selber müssen in ein desinfizierendes Wasserbad treten - eine Massnahme, die auch in einigen afrikanischen Staaten angewandt wird, um ihr Land vor ungewünschten Organismen zu schützen. Hier liegt der einzige Unterschied darin, dass es kostenlos ist, was wir damit begründen, dass wir eben auf keinem klassischen Touristenpfad sind, sondern „off the beaten track“.

Familie beim Sonntagsausflug
in Lethem
Ein Kaschubaum mit seinem aparten roten
Apfel mit der Nuss an einem Flussufer
Alltagsszene bei einer Flussfurt
in Lethem
 
Strohbedeckte Behausungen der Amerindians ragen verstreut aus der weiten Graslandschaft der Rupununi-Ebene, als wir auf roten, durchlöcherten Erdpisten unseren Weg zum Grenzort Lethem suchen, um uns dort zum Immigrationsbeamten durchzufragen. Wir finden ihn in einem einfachen, weissgetünchten Reihenhäuschen neben dem Spital. Er ist hochgewachsen, dunkelhäutig und glatzköpfig und sieht in seinen blauen Bermuda-Shorts, seinen gleichfarbenen Hausschuhen und seinem nackten Oberkörper alles andere als ein Staatsangestellter aus. Erst, als er aus dem schwarzen Koffer auf seinem aufgeräumten Küchentisch zwei Einreiseformulare entnimmt, wissen wir, dass wir am richtigen Ort sind. Während wir diese ausfüllen, verschwindet er. Erst hören wir Messerschleifen, dann brutzeln und schon bald umhüllt uns ein verführerischer Geruch von aromatischen Speisen – es geht gegen Mittag! „Wo logiert Ihr in Georgetown?“, will er wissen, als er zurückkommt. Wir geben ihm das Meridien Pegasus, das beste Hotel der Stadt an, obwohl wir natürlich nicht im Traum daran denken, dort abzusteigen (damals wussten wir noch nicht, dass uns das Meridien für zwei Nächte einladen wird). Erfahrungsgemäss ist es aber an Grenzen oft das einfachste. Auch hier wirkt es, und er drückt uns ohne weitere Fragen den Einreisestempel mit einem Monat Aufenthaltsrecht in die Pässe.

Die Weiten der Rupununi Ebene sind
oft durch Palmhaine unterbrochen
Schulkinder in Uniform in Annai
Annai, die Amerindian Siedlung
an der Urwaldgrenze
 

An einem andern Ort, in einem Zimmer des Takutu-Gästehauses, ist der Arbeitsplatz des Zollbeamten. Als wir ihm unsere Autopapiere aushändigen, schaut er auf die Uhr: „Kommt in zwei Stunden wieder“, meint er. Währenddessen haben wir genügend Zeit, uns im kleinen Grenzort mit dem typischen Wildwestcharakter umzusehen. Es dauert nicht lange, bis wir begreifen, was uns die nächsten 580 km erwartet. Die aus der Hauptstadt Georgetown ankommenden, schlammbespritzten, hochrädrigen englischen Bedfords im „Camel Trophy Look“, sprechen eine sehr deutliche Sprache. Ebenso die klaren Aussagen der freundlichen Fahrer, als wir sie über den Pistenzustand befragen. Einstimmig heisst es „Sehr schlecht!“ Aber jeder fügt hinzu, dass wir es mit unserer Seilwinde schaffen sollten. Einige bieten uns spontan an, mit ihnen im Konvoi zu fahren. Doch mit dieser gutgemeinten Idee können wir uns nicht so schnell befreunden. Erstens wird immer auch nachts gefahren, und wir wollen ja die Landschaft geniessen. Und zweitens bangen wir bei deren Tempo und unsanfter Fahrweise um unseren schwer beladenen LandCruiser. So beschliessen wir, erst einmal auf der 120 km trockenen Erdpiste bis Annai, dem nächsten Amerindien-Dorf, zu fahren, wo dann der Urwald beginnt. Wir wollen uns dort vom weiteren Pistenzustand selber ein Urteil bilden. Vor der Abfahrt müssen wir uns noch bei der Polizei melden, die unsere Personalien in ein grosses Buch einträgt – reine Routine, wie man uns erklärt. Trotzdem gibt es uns das Gefühl, dass wir uns auf ein besonderes Abenteuer einlassen, denn seit der Durchquerung der Sahara ist uns dies nicht mehr passiert.

 

„Unser“ Urwaldflüsschen in Lethem, wo wir täglich ein erfrischendes Bad geniessen
Ein prächtiger Sonnenuntergang
in der Savanne
Morgennebel kündigt einen
neuen Tag an
 

Die Sonne steht schon hoch am Himmel, als wir losziehen. Zuerst ist die Schotterstrasse noch ziemlich gut, dann geht sie in eine wüste, tief durchfurchte Wellblechpiste über, so dass wir nur noch im Schneckentempo vorankommen. Die von den überladenen Bedfords verursachten tiefen Gräben verunmöglichen uns, mit grosser Geschwindigkeit darüber „hinweg zu flitzen“ – wir sind zu schwer, und das Fahrzeug würde unkontrollierbar. Das Gute daran ist, dass wir dadurch auch die vorbeiziehende Natur geniessen können. Es ist eine faszinierende Welt, diese sanft gewellte Savanne, die sich in gelb und grau bis zum Horizont erstreckt, bespickt mit Hunderten von kunstvoll gebauten erdfarbenen Termitenhügeln, die wie Weihnachtsbäumchen aussehen. Manche sind mannshoch. Ab und zu stossen wir auf kleine Palmenhaine und verzettelte isolierte Rinderfarmen schottischer Nachfahren. Und immer wieder sind heimtückische, halb verrottete Holzbrücken mit fehlenden Latten zu meistern, welche die vielen dunklen, baumgesäumten Flüsse durchqueren. Als wir uns den ersten bewaldeten Hügeln und damit Annai nähern, sind wir guten Mutes und zuversichtlich, es doch im Alleingang nach Georgetown schaffen zu können. Obwohl die Nacht bald hereinbricht, haben wir noch keine Lust, die Fahrt zu unterbrechen. Wir fahren weiter, bis plötzlich die Savanne abrupt dichtem Urwald weicht und das erste metertiefe Schlammloch vor uns klafft. Nur die Nerven nicht verlieren! Wir halten den Atem an und balancieren vorsichtig darüber. Geschafft! Doch die Freude ist nur von kurzer Dauer, denn unmittelbar darnach beginnt es wie aus Kübeln zu giessen. Was, wenn es nicht mehr aufhört und wir hier stecken bleiben? Beide haben nur noch einen Wunsch: Wieder zurück auf „sicheren“ Grund. Bevor es zu spät ist, nehmen wir das Schlammloch in Gegenrichtung wieder in Angriff und entspannen erst, als wir wieder festen Boden unter den Rädern spüren! Nun ist uns wieder wohler, umsomehr, als wir an der Urwaldgrenze gleich noch einen geschützten Übernachtungsplatz entdecken. Ein Vogel, der sich durch unsere plötzliche Präsenz gestört fühlt, krächzt aufgeregt und flattert noch ein Weilchen aufgeregt von Baum zu Baum, bevor er sich erneut niederlässt. Dann wird es still.

 

Die rote Erdpiste schlängelt
sich durch die Rupununi
Das Zentrum von Lethem wird belebt,
wenn ein Flugzeug landet
Ein intensiver Regenbogen
über der Rupununi Ebene
 

In der Nacht giesst es weiter wie aus Kübeln! Einige Male hören wir das laute Aufheulen von LKW-Motoren, die sich durch das Schlammloch quälen. Als wir am andern Morgen den “Schlammassel“ sehen, verlässt uns der Mut bereits wieder, sich in dieses schlammige Abenteuer zu stürzen. Wir beschliessen, erst einmal zu der nur elf Kilometer entfernten Rock View Lodge in Annai zurückzufahren, um dort die neuesten Informationen über den Pistenzustand abzuwarten. Die nächsten Tage campen wir nun im gepflegten Lodge-Garten unter einem schattenspendenden Feigenbaum und befragen jeden aus Georgetown neu eintreffenden Bedford-Fahrer. Sie machen hier alle Zwischenstation, um sich von den durchgemachten Strapazen zu erholen. Je mehr wir fragen, desto mehr müssen wir erkennen, dass für uns nebst den schmalen Strassenreifen unsere schwere Dachlast und damit das Umkippen das Hauptproblem sein wird. Es soll einige Male vorkommen, dass die Spuren der Bedford LKW’s komplett überquert werden müssen, und die sind mit ihren 15.5-80R20-Reifen (118 cm hoch/36 cm breit) nicht gerade klein. Oft muss beim Durchziehen über die Gräben von ca. 1 - 1.5 m Tiefe und jeweils ca. 0.6 m Breite brutale Gewalt angewendet werden. Das bestätigen auch die vier Fahrer von praktisch leeren LandCruiser-Pickups, die aus der Hauptstadt zum Fischen gekommen sind. Ohne Ausnahme mussten auch sie an den übelsten Passagen von Bedfords durchgeschleppt werden. Für sie steht eindeutig fest, dass für uns im Moment kein Durchkommen ist: 1. Bodenfreiheit zu klein (Federn unter den Achsen, hier haben alle die Federn über den Achsen); 2. zu dachlastig; 3. Benzintank zu tief. Er würde beim Abschleppen über die metertiefen Furchen mit grosser Wahrscheinlichkeit abgerissen; 4. zu „altersschwach“. Uns wurde erklärt, dass sich manchmal bis zu fünf Bedford-Lastwagen mittels Eisenstangen verbinden, um die unzähligen Schlammlöcher überhaupt überwinden zu können. Trotz all dieser negativen Prognosen wollen wir es einfach nicht wahr haben und beginnen mit der Eliminierung der Umkippgefahr, indem wir unser schweres Dachgepäck in den Innenraum dislozieren, wo wir normalerweise schlafen. Von nun an heisst es, abends unser kleines Igluzelt aufzustellen.

 

Ein zahmes Aguti (Dasyprocta
leporina) in der Annai Lodge
Intensive Farben eines Sonnenuntergangs
in der Rupununi Grasebene
Wuchernde Schlingpflanzen an
einem Fluss im Süd Rupununi
 
Am dritten Tag sichten wir auf der anderen Seite der Lodge einen „Rotel-Tours“-Bus mit 20 Passagieren – die in über 100 Ländern roten „rollenden Hotels“ aus Deutschland! Wir haben sie schon auf allen Kontinenten gesehen, aber hier glauben wir zu träumen! Was machen sie ausgerechnet hier? Schnell bekommen wir Kontakt. Die Leute sind nach Manaus in Brasilien eingeflogen und planen eine sogenannte Pionierfahrt durch die drei Guyanas - dasselbe, was auch wir vorhaben. Fahrer Markus und Reiseleiter Klaus können aber den ihnen geschilderten miserablen Pistenzustand nicht glauben, haben sich jedoch vorsorgehalber bereits schon in Lethem einen Bedford als Berge- und Begleitfahrzeug angeheuert. Bevor sie aber mit der ganzen Gruppe in Richtung Urwald losziehen, wollen sie sich erst noch persönlich ein Bild davon machen. Vor allem interessiert sie die Holzbrücken, die nur für 10 Tonnen gebaut sein sollen, und ihr Reisebus wiegt 20! So wird vereinbart, anderntags ab der Annai-Lodge mit dem gemieteten Bedford für etwa drei Stunden nordwärts zu fahren, um die Situation mit eigenen Augen zu beurteilen. Und wir dürfen mitfahren. Was wir dann zu sehen bekommen, geht weit über jede Beschreibung und Vorstellung hinaus: Schlamm, Schlamm, nichts als Schlamm! Beim zweiten tiefen Loch, für uns etwa mit dem schlimmsten Schlammloch in Zaire vergleichbar (und das soll noch ein kleines sein!), steckt ein Bedford-Fahrer knietief im Morast und versucht, das gebrochene Differential zu reparieren. Ein anderer schleift der Schlammwand entlang. Der erste, der reagiert, ist Markus. “Mir ist ganz schlecht“, höre ich ihn sagen. Für ihn fällt genau in diesem Moment das ganze Kartenhaus zusammen, denn es gibt keinen Zweifel mehr: Die Rotel Tour zu den drei Guyanas ist gescheitert. Die fraglichen Brücken brauchen gar nicht mehr inspiziert zu werden.
 

Amerindians verfolgen die Sport Veranstaltungen im Stadion von Lethem
Eine aufmerksame Zuschauerin
Die Küche beim Amerindian Festival in Lethem verbreitet aromatische Düfte
 

Auch für uns sieht die Lage nicht allzu rosig aus, und wir sind hin- und hergerissen. Mal sind wir fast soweit, dass wir es wagen wollen, um gleich darauf wieder den blossen Gedanken daran zu verwerfen. Schlussendlich einigen wir uns, unseren besten Partner, unsern LandCruiser, der schon 18 Jahre lang tapfer alles mitgemacht und durchgestanden hat, nicht zu riskieren. Es ist uns die Erfahrung nicht wert. Warum verladen wir nicht einfach auf einen der Bedfords, wenigstens die 200 km bis zum Polizeiposten Mabura Hill, wo die Schotterstrasse beginnt? Plötzlich sind wir Feuer und Flamme für diese neue Idee. Von Annai aus etwas zu organisieren, ist aber illusorisch, weil die Lastwagen ausnahmslos in Lethem mit Gütern aus Brasilien beladen werden. Es bleibt uns daher nichts anderes übrig, als in den sauren Apfel zu beissen und den 120 km Schlagloch-Slalom und die wüste Wellblechpiste durch die Savanne nochmals auf uns zu nehmen. Als wir auf halbem Weg neben der Strasse unser Camp aufstellen, beobachten wir riesige Rinderherden, die geschlossen über die gelbe Grasebene galoppieren, eine dichte Staubwolke hinterlassend (es erinnert uns ein bisschen an die Gnus in der Serengeti), und weiss-gelb-braun gefiederte Kara-Kara Raubvögel, die sich zu einem Stelldichein einfinden. Im verzettelten Lethem, wo inzwischen jedermann unsere Geschichte kennt und seinen Kommentar dazu abgibt, hängen wir dann viele Tage herum, bis sich endlich Harald bereit erklärt, uns in einer Woche für happige US$420 auf einem seiner beiden Bedfords mitzunehmen. Denn man lädt lieber normale Fracht - Kisten, Fässer und Säcke - als ein 4.2-Tonnen-Auto, das ausserdem hinten bei der Brücke noch 50 cm heraussteht. Zudem besteht auch immer die Gefahr, dass es wieder zu regnen beginnt. Dann müssen auch die Bedford Fahrer manchmal ihre ganze Fracht abladen, sich gegenseitig durchwinden und dann die Ware von Hand hinübertragen und neu aufladen. Und eine der schlechten Passagen soll etwa 1½ km lang sein!

 

Zwei Schwestern in Lethem
im Sonntagskleid
Auf dem Weg zur Prämierung
Ein Schnappschuss
in die Zuschauer
 

Wir fiebern unserem Aufbruchtag entgegen. Unsere Tage des Wartens in der gnadenlos brennenden Sonne werden zu einer Art Routine: Frühstück am Fluss, wo eine dicke Mama in einem rotschwarz gestreiften Kleid und einer weissen Baseball-Mütze mit ihrer kleinen Enkelin regelmässig Wäsche wäscht, wo täglich um dieselbe Zeit eine Rinderherde die Furt überquert und der betagte Hirt winkt, wo sich Menschen zum Zähneputzen, Baden, Motorräder und Auto waschen einfinden, wo ein weisser Gaul auf seinem Weg zum Wasser bei uns Halt macht und uns immer freundliche Menschen ‚Good Morning’ zurufen. Mittagessen unter einem grossen, schattenspendenden Mango-Baum. Zeitvertreib im Internet, das es erstaunlicherweise auch hier im kleinen Laden bei der Flugpiste gibt. Und Ausklingen des Tages mit einem erfrischenden Bad im grün schimmernden stillen Wasser eines kleinen Urwaldflusses mit herunterhängenden Lianen und einer üppigen Dschungelvegetation. Dann, kurz vor dem Einnachten, Sprung in unser schützendes Zelt, das wir vor einer traditionellen Amerindian Behausung ohne Strom und fliessendem Wasser, rund drei Kilometer ausserhalb Lethem’s aufstellen durften. Die kühleren Abendstunden im Freien zu verbringen, ist leider fast unmöglich, denn die winzigen Stechmücken kennen absolut kein Erbarmen. Es sind aber nicht nur diese allgegenwärtigen Biester, die uns zu schaffen machen, sondern auch die vielen Ameisen, die wegen des aufgeheizten Bodens nachtaktiv und sehr aggressiv sind, besonders die winzigen roten, die brennende, schmerzende Stiche hinterlassen. Einmal stellen wir in der Dunkelheit unser Zelt zu nahe an ihre „Strasse“, da greifen sie uns an, beissen sich an unseren Socken fest und krabbeln an unseren Hosenbeinen hoch. Dann wieder verschaffen sie sich durch die Reifen Zugang ins Fahrzeuginnere; rein zufällig entdecken wir sie beim Transportieren ihrer Eier. Als wir ihnen mit Mückenspray den Garaus machen, fällt gleich auch noch ein Skorpion vor unsere Füsse. Jetzt fehlt uns nur noch eine Schlange im Auspuffsrohr...

 

Traditionelle Amerindian
Behausung in Annai
Bottle Brush in voller Blüte
Es kann los gehen: Im Huckepack
auf Harald’s Bedford
 

Endlich kommt der Tag, wo wir unseren LandCruiser Mitte Nachmittag bei einer Erdrampe auf die Bedford-Brücke fahren und ihn mit massiven Ketten verzurren. Um 1930 Uhr starten wir in die bereits bekannte Richtung Annai. Auf dem Wellblech geht es erst noch ganz flott. Dann, nach 56 km, tauchen die ersten tiefen Schlaglöcher auf und damit beginnt unser Alptraum. Wir schaukeln nur noch von einer Seite auf die andere, nicht etwa vor- und rückwärts, sondern seitwärts - jedes Mal, wenn der Bedford von Löchern auf der linken in Löcher auf der rechten Spur plumpst. Trotz der engen Verzurrung an den Bedford-Rahmen schwanken Kabine und Gepäckträger alarmierend. Nach weiteren 11 km bricht der vordere linke Holmen, der die Windschutzscheibe festhält. Der rechte Holmen zeigt oben und unten auch schon Risse, hält jedoch die Scheibe noch etwas fest. Nach weiteren 7 km schlagen wir Alarm – wir müssen aufgeben! An einer Strassenböschung laden wir das Auto in einer mühsamen Mitternachtsaktion mittels unserer Sandbleche wieder ab. Infolge Altersschwäche wäre uns sonst einfach der ganze obere Teil abgebrochen. Der Bedford fährt alleine weiter. Es ist Mitternacht, als wir am Pistenrand unser Zelt aufstellen und unseren Traum der drei Guyanas zum zweiten Mal begraben sehen.

 

Die Termitenhügel in der Rupununi
Ebene erinnern uns an Tannenbäumchen
Ein Raubvogel auf der
Lauer nach einem Opfer
Fröhliche Amerindian Kinder
im Süd Rupununi
 

Mit prickelndem Gefühl schaukeln wir am nächsten Morgen wieder nach Lethem zurück. Nicht nur sorgen wir uns um unsere gebrochenen Holmen, sondern auch um das Benzin, das uns jederzeit ausgehen kann. Weil uns der LKW schlussendlich nach Linden, einer Bauxit-Minen Siedlung, gebracht hätte, wo der Treibstoff um einiges günstiger ist als in Lethem, haben wir bei der Abfahrt nicht mehr aufgetankt. So können wir nur hoffen und bangen, dass wir die 74 km bis zur Texaco Tankstelle schaffen werden, liegt doch der Verbrauch auf solchen „1.-Gang-Strecken“ bei rd. 35 lt./100 km. Und wenn’s gut geht, fährt hier einmal pro Tag ein Diesel-LKW durch, der natürlich kein Benzin dabei hat. Das Glück ist diesmal aber auf unserer Seite und wir erreichen Lethem praktisch mit dem letzten Tropfen. Sofort melden wir uns bei Harald in der Hoffnung, dass er uns mit dem Preis etwas entgegenkommen wird, da wir nur etwa 15% der Reise mitfahren konnten. Netterweise reduziert er ihn dann um Hundert Dollars auf $320, und als kleines Zückerchen offeriert er uns seine zurzeit unbewohnte Farm zwölf Kilometer ausserhalb Lethem’s. Da Liliana’s Geburtstag gerade auf diese Tage fällt, nehmen wir gerne an und verbringen ihn im strohbedeckten Herrenhaus der Farm zwischen Rosenbüschen, blühenden roten Frangipani und hochstämmigen Palmen mitten in der Einsamkeit der Rupununi Savanne. Es ist ein herrliches Gefühl, und es kommt sogar ein bisschen Pioniergeist auf, denn es gibt kein Elektrisch, das Wasser muss aus einem tiefen Brunnen gezogen werden und im Plumpsklo müssen wir erst ein Wespennest ausräuchern.

 

Harald offeriert uns
sein leeres Gutshaus
Blume einer wilden
Baumwollstaude
Was macht das „rollende Hotel“
der Rotel Tours in Annai?
 

An Aufgeben denken wir aber immer noch nicht. Extra der drei Guyanas wegen haben wir nochmals nach Südamerika verschifft und wir sind nun fest entschlossen, sie auch zu besuchen. Doch erst müssen wir uns mal um die gebrochenen Holmen kümmern. Eine geeignete Schweissanlage gibt es jedoch in Lethem nicht. Zwangsläufig müssen wir nochmals in die 120 km entfernte Stadt Boa Vista in Brasilien zurückkehren, wo schlussendlich ein Schweisser „mit goldenen Händen“ für wenig Geld wahre Wunder vollbringt, denn was schlussendlich noch zum Vorschein kommt, ist Rost, Rost, Rost! Gerüchte jagen sich inzwischen, dass die Piste nach Georgetown nun von einem Strassenbautrupp einer Minengesellschaft verbessert wird. Wieweit er von Georgetown her schon vorgerückt ist, kann uns aber niemand sagen, bis wir zufällig eines Tages David King - den Chef einer Werbeagentur aus Georgetown treffen - dessen Frau Leila in Boa Vista ein Reisebüro führt. Er ist diese Piste zusammen mit Kollegen auf einem Fisch- und Jagdtrip gerade gefahren und kann uns präzise Angaben machen. Im Urwald sollen jetzt nur noch rund 48 km im „Urzustand“ sein, allerdings etwas trockener als vor zwei Monaten. Als er uns spontan anbietet, uns seinem LandCruiser-Konvoi, bestehend aus drei Fahrzeugen, anzuschliessen, ergreifen wir die Chance sofort.

Fortsetzung in Reisebericht 2:  Durch den Iwokrama Regenwald

 

Die Wasserlöcher sind oft trügerisch
Ein Bedford bringt Nachschub
nach Annai
Unser Campingplätzchen unter dem Feigen- baum bei der Rock View Lodge in Annai
 
Zeitungsartikel über uns in Guyana:
Artikel: "Swiss world record travelers in Guyana", 19. Dezember 2002
Interview: "World famous traveling couple calls on Tourism Minister", 21. Dezember 2002
Artikel: "Around the World in 18 years", 25. Dezember 2002