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Bildbericht des ersten Teils unserer Indonesien-Reise von Jakarta/Java nach Sumatra,
zurück nach Java, weiter nach Bali und zur Inselgruppe Nusa Tenggara

letzte Foto: 2.1.07

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Weitere Webseiten aus Borneo – bevor wir Indonesien erreichten und als wir im 2010 wieder zurück kamen:
 
Am 21. November 2006 verliessen wir nach einem halben Jahr die Insel Borneo, wo wir unseren LandCruiser komplett überholten und die malaysischen Provinzen Sarawak und Sabah sowie zwei neue Länder – Brunei (Nr. 154) und in Kalimantan den "Beginn" von Indonesien (Nr. 155) – bereisten und dabei total 5'243 km fuhren. Zwei Tage später erreichten wir die Hauptstadt Jakarta, eine Megastadt auf der Insel Java mit ungefähr 17 Millionen Einwohnern. Dann folgte eine ganze Reihe weiterer Inseln: Sumatra im Westen und Bali, Lombok, Sumbawa, Rinca mit den Komodo-Drachen, Flores, Sumba und Timor im Osten. Zwischendurch durchstreiften wir unser 156. Land  – Timor-Leste –, bevor wir die Indonesien-Rundreise in Sulawesi fortsetzten und dann nach Kalimantan auf der Insel Borneo übersetzten, wo sich der Kreis schliesst.
 
 
 
 
 
 
49  (Kalimantan)  Liliana unterhält sich
mit den freundlichen indonesischen
Zollbeamten, während Emil sich mit
den Autopapieren beschäftigt.
Einreisezeit: 45 Minuten
50  (Kalimantan)   Urwaldflüsse haben
immer etwas „Geheimnisvolles“ an sich,
hier zwischen Ngabang und Sosok in
der Provinz Westkalimantan
51  (Kalimantan) Trotz ihrer schweren
Last auf dem Rücken lächeln uns diese
Menschen zu. Die Indonesier sind ein
fröhliches Volk
 
Was sind uns in letzter Zeit nicht alles für Schauermärchen über die weitverbreitete Korruption der indonesischen Zöllner, Polizisten und Beamten zu Ohren gekommen. Kein Wunder, dass wir uns deshalb am 18. November 2006 mit ziemlich gemischten Gefühlen dem Grenzort Entikong und dem ersten indonesischen Schlagbaum, einem Militärposten, nähern. Sofort erscheint ein freundliches Gesicht an Emil’s Autofenster. Mit einem wohlwollenden Lächeln bittet man ihn, sich in ein dickes Buch einzutragen. Gleich darauf begrüsst uns auch schon der Immigrationsbeamte. „Willkommen in Kalimantan“, strahlt er uns an. Er plaudert ein bisschen mit uns und stempelt dann kulant unsere Pässe ab. Inzwischen haben uns die Zöllner auch schon ins Visier genommen und winken uns zu sich, wiederum mit derselben Freundlichkeit. Wir sind schon etwas suspekt: Werden sie uns vielleicht hier zur Kasse bitten? Emil übergibt dem Verantwortlichen gleich unser „Carnet de Passage“ – das Autozollpapier – und die Bewilligung, dass wir mit unserem eigenen Auto in Indonesien zirkulieren dürfen. (Dieses wichtige Papier – allerdings wurde es in den folgenden acht Monaten nur ein einziges Mal verlangt und zwar bei der Ankunft mit der Fähre auf der Insel Sumba – wurde von der Interpol in Jakarta nach monatelanger Bürokratie ausgestellt und auf unsere Bitte hin an das indonesische Konsulat in Kuching/Sarawak auf Borneo gesandt). Er wird geradewegs zum Zollchef gebeten. Währenddessen bietet mir das Zollteam spontan einen Stuhl in ihrer Mitte an. Einer spricht recht gut Englisch und übersetzt. Was alle am meisten interessiert ist, was wir alles in ihrem Inselarchipel besuchen werden. Als ich einige ihrer 17'000 (!) Inseln aufzähle: Java, Sumatra, Bali, Lombok, Sumbawa, Flores, Sumba, Timor, Sulawesi ....., leuchten ihre Augen vor Stolz. In weniger als einer Viertelstunde erscheint Emil auch schon in Begleitung des Zollchefs, und als erstes wird nun die Motoren- und Chassisnummer unseres LandCruisers überprüft. Als wir daraufhin automatisch unsere Autotüren zur Inspektion öffnen, kommen sofort einige weitere neugierige Augenpaare hinzu. Irgendwie spüren wir aber, dass eine beträchtliche Hemmschwelle besteht, irgend etwas anzufassen. Es bleibt beim grenzenlosen Bestaunen unserer Camping-Ausrüstung. Vor allem unser 12-Volt Engel Kühlschrank weckt reges Interesse. Das war’s dann auch schon. Aller Voraussagen zum Trotz, will niemand geschmiert werden. Das ganze Einreiseprozedere hat gerade knappe Dreiviertelstunden gedauert und alles hat sich korrekt abgespielt. Mit strahlendem Lachen winkt man uns nach, als wir davon fahren. Was für ein vielversprechender Empfang in Indonesien!
 
 
 
 
 
 
52  (Kalimantan)  In Pontianak – das
genau auf dem Äquator liegt – spielt
sich an den Kanälen ein buntes Leben ab
53  (Kalimantan)   In Pontianak in
Kalimantan überqueren wir einmal
mehr – zum 29.x  – den Äquator –
dieses Mal bei regnerischem Wetter
in Richtung Nord-Süd
54  (Kalimantan)  Jeder Platz wird
ausgenutzt: Chaos auf Indonesiens
überfüllten Strassen
 
Glücklich rollen wir unsere ersten Kilometer auf einer schmalen und über und über geflickten Strasse in unserem 155. Reiseland. Erst fällt uns kein markanter Unterschied zum malaysischen Borneo auf, doch nach und nach wird die grössere Armut doch offensichtlich. Wir sehen Menschen, die sich am Fluss waschen und schwere Lasten auf dem Kopf transportieren – gefüllte Wassereimer, Jutesäcke mit Holz und Körbe mit allerlei Gütern. Enten, Hühner und Ziegen tummeln sich ebenfalls auf der Strasse. Kopflos stieben sie auseinander, wenn wir vorbei fahren. Überall lachen uns die Menschen offen an. Eine junge Mutter drückt mir durch das Autofenster herzlich die Hand, als wir an einer Kreuzung verlangsamen, und schickt mir einen Handkuss nach. Was für eine liebenswerte Geste! Es beginnt heftig zu regnen, als wir uns Pontianak, Westkalimantan’s Hauptstadt, nähern. Sie liegt am Äquator, und auf dem Weg ins Stadtzentrum kommen wir direkt am markanten Monument vorbei. „Wieviele Male haben wir eigentlich bis jetzt den Äquator überquert“, frage ich Emil. Aus dem Stegreif beginnt er mir die Orte aufzuzählen: Brasilien, Kenia, Ekuador, Gabun, Kongo, Uganda, Kenia ...... Ich zähle mit – es ist unsere 29. Pontianak ist als Industrie-, als Prostituierten- und als kriminelle Stadt verschrien. Deshalb flüchten wir uns ins Hotel Khatulistiwa, das unserem LandCruiser einen sicheren Parkplatz bietet, was für uns weit wichtiger ist als unser Zimmer. Wie in Indien scheinen wir uns hier wieder mit der „Chübeli“-Dusche anfreunden zu müssen. Emil ist davon nicht sehr begeistert. Sie besteht aus einer meistens einzementierten Wanne, die mit Wasser gefüllt ist (wie frisch ist es wohl?), und einem Schöpfer, mit dem man sich das Wasser über den Körper schüttet. Der Wasserhahn zum Nachfüllen ist oberhalb des Troges angebracht. Will man sich die Hände unter dem fliessenden Wasser waschen, so „verseucht“ man damit automatisch das Duschwasser! Aber auf einer langen Reise lernt man ja auch zu improvisieren. So holen wir einfach unseren eigenen Duschschlauch aus dem Auto und stülpen ihn über den Wasserhahn. Und fertig ist unsere Dusche mit fliessendem Wasser!
Am nächsten Morgen machen wir uns auf die Suche nach geeigneten Fährverbindungen. Unser Wunschziel Nummer eins ist Sumatra, damit wir die verzettelte Inselwelt Indonesiens von West nach Ost aufrollen können. Beim ersten Anlaufpunkt, der Pelni-Linie, erhalten wir gleich eine doppelte Absage. Zum ersten existieren keine Autofähren von Pontianak nach Sumatra, und zum zweiten transportiert die Pelni sowieso nur Passagiere. Immerhin verweist man uns auf die Prima Vista Schifffahrtslinie. Dort werden wir wiederum mit der für uns bereits legendären Gastfreundlichkeit dieses Landes empfangen, und innert kürzester Zeit wissen wir auch schon umfassend Bescheid:
 
 
 
 
 
 
01  Diese indonesische Fähre war
unser “Heim“ für 38 Stunden von
Pontianak/Kalimantan auf der
Insel Borneo nach Jakarta
02  Wer sich kein Kajütenbett –
genannt "Kabine" – leisten kann,
schläft auf Matten am Boden
03  Ankunft in Jakarta: Alle sind froh,
heil am Ziel angekommen zu sein
 
Unsere einzige Möglichkeit ist, nach Jakarta/Java überzusetzen; die nächste Autofähre läuft Morgen um 23.00 Uhr aus, und der Preis beträgt 3.5 Mio. Rupien (US$350) für den LandCruiser, 20'000 Rupien (2 US$) für den Fahrer und 185'000 Rupien (18,5 US$) für mich. Da wir noch nicht wissen, dass in Indonesien die Autohaftpflicht-Versicherung nicht obligatorisch ist, wollen wir diesmal nicht auf Risiko spielen, und machen uns gleich auch noch auf die Suche nach einer Autoversicherungsgesellschaft. Bei der dritten Stelle werden wir dann fündig Die Astir Jasaraharja Putera stellt uns die Police für 450'000 Rupien (US$45) für drei Monate aus. Es dauert zwar ein ganzes Weilchen, bis wir das Papier in Händen halten. Doch in der Zwischenzeit betreut man uns sehr zuvorkommend, offeriert uns Mineralwasser und exotische Früchte aus Bali – ein weiterer schöner Beweis dieses gastfreundlichen Volkes. Um 22 Uhr des Abfahrtstages strömen Hunderte von Passagieren mit Sack und Pack durch die Laufplanke auf die Fähre. Während Emil auf ein Zeichen zum Borden des Autos wartet, will ich mal unsere gebuchte Kabine begutachten. Ein junger Bursche der Belegschaft führt mich in einen grossen Schlafsaal mit Kajütenbetten – 84 an der Zahl, wie wir später zählen –, wovon die meisten schon belegt sind. Er tippt auf zwei noch leere an der Wand, die angeblich mit der Nummer unserer „Kabine“ korrespondieren. Erst denke ich, er hat sich geirrt und wiederhole das Wort „Kabine“ nochmals ausdrücklich. Als er immer wieder energisch nickt und auf die zwei leeren Kajütenbetten zeigt, geht mir endlich ein Licht auf, dass eben diese zwei Liegen unsere Kabine für die nächsten zwei Nächte sein werden. Wahrscheinlich steht mir die herbe Enttäuschung auf dem Gesicht geschrieben, denn ein schmucker Offizier, der gerade in der Nähe ist, meldet sich sofort und offeriert uns spontan seine persönliche Kabine. Wieviel er denn dafür haben wolle, frage ich ihn. Seine Antwort kommt ohne zögern: 300'000 Rupien (US$30). Als wir seine enge, ungelüftete Kabine und die nicht sehr sauberen Gemeinschaftsduschen gesehen haben, sind wir uns einig: Der Schlafsaal ist immer noch die weit bessere Wahl. Neben uns hat es sich eine gepflegte Frau chinesischer Abstammung mit ihrem 6-jährigen Sohn bequem gemacht. Sogar mitten in der Nacht bereitet sie ihm noch Milchflaschen zu. Gegenüber liegt eine hochschwangere junge Frau, und den Liegeplatz daneben teilen sich verschiedene Menschen, die kommen und gehen. Kaum ist das Schiff in Bewegung, werden alle auf die ihnen zugewiesenen Plätze dirigiert und die Mannschaft beginnt die Billette zu überprüfen und nach „blinden Passagieren“ zu suchen.
 
 
 
 
 

 

04  Wir geniessen eine relativ klare
Aussicht über das normalerweise
stark versmogte Jakarta vom
National Monument am
Merdeka-Platz
05  Monas, das National
Monument am Merdeka-Platz,
ist 137 m hoch und Jakarta’s
Hauptwahrzeichen, gebaut durch
Sukarno als Symbol von Indonesiens
Unabhängigkeit und Stärke
06  Jakarta's Strassen sind zu jeder
Tageszeit auf allen „Ebenen“
hoffnungslos verstopft;
dementsprechend ist auch
die Luftqualität prekär
 
Ausser dem fröhlichen Geplapper rund um die Uhr, den lauten Durchsagen per Lautsprecher, wessen Inhalt wir nicht verstehen, und den verschiedenen Aufrufen zum Gebet – die erste bereits um 4 Uhr morgens (Indonesien ist das grösste muslimischeLand der Welt) – geht es jedoch überraschend geordnet zu und her. Auch ist es erstaunlich sauber – regelmässig werden die Toiletten ausgespült und gereinigt. Morgens, mittags und abends wird uns das Essen in weissen Styroporschachteln ans Bett serviert. Es ist in etwa immer dasselbe: Weisser Reis, etwas Gemüse und ein winziges Stück undefinierbares Fleisch oder Ei; dazu Mineralwasser in einem Plastikbecher. In der Billigklasse ist es um einiges weniger komfortabel. Dort liegen die vielen Menschen dichtgedrängt Seite an Seite zwischen all ihren Gepäckstücken auf dem harten Boden. Einige mieten sich eine dünne Matratze. Glücklicherweise ist das Meer relativ ruhig. Wird der Wellengang jedoch mal etwas stärker, so wird es mäuschenstill im Saal. Dann hört man Würgen und Kotzen. Einer Frau geht besonders schlecht – stundenlang. Abgesehen von Übelkeit wird sie von heftigen Schüttelfrösten befallen. Wir offerieren ihr Reisetabletten, die aber leider nichts nützen, und könnten uns gut vorstellen, dass sie entweder Dengue Fieber oder Malaria erwischt hat. Hin und wieder besucht Emil unseren LandCruiser im Bauch der Fähre, der ungesichert zwischen schwerbeladenen, ebenfalls ungesicherten Lastwagen im Laderaum eingezwängt ist. Einmal kommt er sichtlich beunruhigt zurück: „Du glaubst es nicht“, rapportiert er aufgebracht. „Keine Menschenseele ist dort unten und das Meerwasser spritzt durch die offen gelassene Seitentür bereits in den Laderaum. Unter unserem Auto schwappen mindestens schon 10cm hin und her. Ich habe die Stahltüre nun verriegelt, so gut es ging. Von den vier grossen Eisenriegeln fehlen nämlich drei, so dass sie nur noch an einer Ecke verschraubt werden kann!“. Wer ist schuld an dieser Fahrlässigkeit? Wir vermuten, dass es den Chauffeuren, die aus Kostengründen in ihren Lastwagen übernachten wollen, unten zu heiss wird, weshalb sie die Aussentüren, die sich nur knapp einen Meter oberhalb der Wasserlinie befinden, öffnen und sich dann nicht mehr darum kümmern. Kontrolliert wird es von der Schiffsmannschaft ohnehin nicht. Solange das Meer flach und ruhig ist, mag es ja gut gehen, jedoch bei stärkerem Wellengang schwappt das Wasser ungehindert herein. Da wundert man sich, warum in Indonesien immer so viele Fähren sinken! (nur 1½ Monate später sank das Schwesterschiff mit etwa 600 Todesopfern; es wird vermutet, dass die gleichen Türen bei rauer See offen gelassen wurden).
 
 
 
 
 
 
07  An einer Strassenecke wartet ein
Durian-Verkäufer geduldig auf
Kundschaft. Im Gegensatz zur ähnlich
aussehenden Jackfrucht ist die
Durian-Frucht stachelig
08  Ein attraktiver Blick auf die
Istiqlal-Moschee und die Kathedrale
zwischen Jakarta's Häusern und
Wolkenkratzern, aufgenommen vom
Monas-Monument
09  Nach nur 84 km auf Sumatra’s Strassen
endet unsere Reise auf dieser Insel bereits
in Bandar Lampung mit einem kaputten
hinteren Differential. Emil demontiert die
Kardanwelle, was uns erlaubt, im
Schneckentempo wieder nach Jakarta
zur Reparatur zurück zu kehren
 
Nach 38 Stunden Seefahrt begrüsst uns die Skyline der Hauptstadt Jakarta. Es ist 14 Uhr, als wir mit drei Stunden Verspätung aus dem heissen Schiffsbauch auf das luftige Pier in Tanjung Priok rollen. „Wie wird die Hafenpolizei auf unser Auto reagieren?“, fragen wir uns etwas besorgt. Und einmal mehr staunen wir. Die Schranke steht offen, und anstatt uns Fragen zu stellen, erklärt uns der bis über beide Backen lachende diensthabende Polizist nur hilfreich den Weg zum Hafenausgang. Die gute Strähne hält weiterhin an, denken wir erfreut. Doch kurz darauf verlässt sie uns doch noch. Mangels eines vernünftigen Stadtplans verfahren wir uns im Riesenmoloch Jakarta bei der Hotelsuche erst mal zünftig. Und als wir die Gegend mit den meisten Budget-Hotels endlich finden und sie mühsam abklappern, sind alle voll. Es wird schon dunkel und wir sind beinahe am verzweifeln, als wir endlich im Hotel Sofyan mit angegliedertem Parkplatz doch noch Unterschlupf finden. Das Zimmer ist zwar nicht billig, aber wir nehmen es auf jeden Fall, glücklich darüber, nach der langen, ermüdenden Seereise endlich entspannen zu können. Nach einer heissen Dusche, einem Gin-Tonic und einem Stück Brot und Käse fallen uns auch schon die Augen zu. Lange ist es her, seit wir Claude, unseren Konsul, zum letzten Mal sahen. Es war 1999 in Abu Dhabi in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Kennengelernt haben wir ihn und seine Familie aber schon 1993 in Kuala Lumpur in Malaysia, als er dort auf Posten war. Am Tag nach unserer Ankunft in Jakarta besuchen wir ihn auf unserer Botschaft. Die Wiedersehensfreude nach all den Jahren ist auf beiden Seiten gross. Dieses Mal sind wir ihm zu ganz speziellem Dank verpflichtet. Er hat sich persönlich für die komplizierte Autobewilligung eingesetzt, damit wir mit dem eigenen Fahrzeug Indonesien bereisen dürfen. Jakarta ist aber keine Stadt, wo wir uns allzu lange aufhalten möchten. Überbevölkerung, Umweltverschmutzung und Verkehrsstaus ohne Ende sind die Realitäten, die uns am krassesten ins Auge stechen. Es gibt keinen eigentlichen Stadtkern, den man zu Fuss erkunden könnte, sondern lediglich verstopfte, voneinander getrennte Zentren. Wo bleibt die Lebensqualität, fragen wir uns, als wir fortwährend in irgendeinem Stau stecken und uns die schwarzen Abgasschwaden, die von den Bussen, Autos und Motorrädern ausgestossen werden, vollständig einnebeln, und wir für die paar Kilometer von einem Zentrum zum andern drei Stunden brauchen – wie es geschah, als wir von Raetus, dem Schweizer Manager des Novotels in Mangga Dua zu einem Mittagessen eingeladen wurden. Wenigstens hat es sich hier gelohnt, denn das Steak zerlief uns im Mund und der Spinat alleine war schon eine Delikatesse für sich! Trotzdem wollen wir uns die einzig nennenswerte Sehenswürdigkeit nicht entgehen lassen, das 137m hohe Monas National Monument, Jakarta’s Hauptwahrzeichen, das sich über dem Merdeka Platz türmt. Als Symbol von Indonesiens Unabhängigkeit und Stärke wurde es von General Suharto gebaut, der 1965 durch einen Staatsstreich an die Macht kam und 1998 abgesetzt wurde Ihr harter Kampf für Unabhängigkeit ist im National Museum im Untergeschoss in vier Dutzend Dioramen sehr dramatisch und lebensnah dargestellt. Und für einmal verschwindet an diesem Tag der Himmel nicht ganz hinter einem Abgasschleier, so dass wir von der Aussichtsplattform aus das ganze Panorama über die sich 35km ausbreitende Stadt erleben können.
 
 
 
 
 
 
10  Das nach 208'352 km kaputte
dritte Kegelrad. Harry Sanusi
verkauft uns zwei gebrauchte
Differentiale von seinem FJ40 und
baut sie in seiner Werkstatt ein
11  Korpus delikti:
Die vier abgebrochenen Zähne
des Kegelrades
12  Eine Erfrischungspause nach erfolgter
Reparatur und einem Fernseh-Interview in
Harry’s Werkstatt. Von links: TV-Moderator
der Indosiar-TV-Station, Harry Sanusi, Dito
(JIP-Magazin 4x4-Journalist), Harry’s Bruder
Bibib, Emil, Harry’s Sohn Reza und ein Freund
 
Zwei Tage später fahren wir am Terminal von Merak im Westen Java’s als letztes Auto in die Fähre nach Sumatra und kommen bevorzugt gleich neben der Rampe an der frischen Luft zu stehen. Einige sportliche Jugendliche schwimmen um das Schiff herum und tauchen nach den einzelnen Münzen, die ihnen spendierfreudige Passagiere ins Wasser werfen. Es ist 15.30 Uhr, als wir auslaufen und uns aus unserer eigenen Küche mit Würstchen aus dem Hero Supermarkt, hart gekochten Eiern, Salat und Käse verpflegen, während wir bei sanftem Abendlicht gemütlich Neuland entgegen tuckern. Als wir um 18Uhr an der Südspitze Sumatra’s anlegen, kündigt sich schon die Dunkelheit an. Im überlaufenen Hafenstädtchen von Bakauheni wollen wir jedoch nicht übernachten und peilen stattdessen gleich das 30km nördliche Kalianda an. Glücklicherweise kriegen im gleichnamigen sympathischen Hotel mit eigenem Parkplatz noch das allerletzte klimatisierte Zimmer. Gut ausgeruht und voll motiviert nehmen wir am nächsten Morgen weiteren Kurs nach Norden. Doch mit jedem Kilometer, den wir gezwungen sind, mit einer Geschwindigkeit von 10km/Std. hinter einer nie endenden Kolonne von Diesel betriebenen Lastwagen zu fahren, die dicke, schwarze Abgasschwaden ausstossen und uns kaum je eine Gelegenheit zum Überholen bieten, schwindet auch unsere Begeisterung. Irgendwann erreicht unsere angeschlagene Moral den absoluten Tiefpunkt und Emil platzt plötzlich der Kragen. „Wenn das so weiter geht, kehre ich um“, ruft er entnervt aus, und ich weiss genau, dass er es wirklich ernst damit meint. „Es sind mindestens noch 4’000km bis nach Medan und zurück. Warum sollen wir uns das antun?“ Recht hat er ja, denke ich, obwohl ich mich auf Sumatra schon sehr gefreut habe. Kurz nach der Stadt Bandar Lampung, entscheidet dann unser LandCruiser: Vom hinteren Teil macht sich ein alarmierendes Rumpeln bemerkbar. „Das tönt nach etwas Ernsthaftem“, ruft Emil sehr besorgt aus. „Es kann das Getriebe, die Welle, die Kupplung oder auch das Differential sein“. Mit knapper Not schaffen wir es gerade noch auf einen der seltenen, ebenen Ausstellplätze neben der Strasse, wo Emil als erstes die beiden Hinterräder demontiert. Nach einer beklemmenden Weile wissen wir Bescheid: Es ist das Differential. Glücklicherweise weiss er sich immer zu helfen. Er löst die hintere Kardanwelle und packt sie ins Auto. In diesem amputierten Zustand wollen wir versuchen, wieder Jakarta zu erreichen, wo unsere Chance, Ersatzteile zu kriegen, am grössten ist. Obschon sich das Rumpeln bei jeder Linkskurve und bei jedem Linksgefälle jeweils beängstigend anhört, schaffen wir es im Schneckentempo bis zum Einnachten noch bis Kalianda zurück, wo wir nochmals im selben Hotel übernachten. Um ganz sicher zu sein, öffnet Emil am anderen Tag das hintere Differential. Sein Verdacht auf abgebrochene Zähne am Kegelrad bestätigt sich. Er schliesst das „Korpus delikti“ wieder, und darauf hin geht’s mit der Fähre zurück nach Java. Unsere Sumatra-Reise hat gerade mal 84km gedauert!
 
 
 
 
 
 
13  Wir nehmen zusammen mit Schweizer
Botschaftsangestellten beim „Formel
A1-Grand Prix“ Autorennen in Sentul/
Bogor teil – 60 km südlich von Jakarta –
das als eine Art Konkurrenz zu den
„grossen“ Formel-1 Veranstaltungen
vom Dubai-Scheich Maktoum gegründet
wurde; sämtliche partizipierenden Länder
stellen nur ein komplett identisches Fahrzeug
14  In der von Max Welti geführten
Schweizer Mannschaft finden in der
Boxe die letzten Vorbereitungen
statt. Fahrer Neel Jani plazierte
die Schweiz auf Rang 8
15  Das Rennen kann trotz Regen
beginnen. Die 21 Teilnehmer
sind in der Startposition
 
Die ersten Tage zurück in der Hauptstadt sind frustrierend: Der Hauptteil ist bei der Toyota Astra Indonesia nicht am Lager. Es müsste in Japan bestellt werden, was mindestens zwei Monate dauert. In unserer Verzweiflung suchen wir nach Auswegen und ziehen schon bald in Erwägung, dass Emil nach Sarawak/Malaysia reist, wo unser LandCruiser noch sehr gängig ist, um dort die Teile selbst zu besorgen. Unerwartet kommt uns dann aber beim Schweizer Fondue Essen im Hotel Aryaduta ein glücklicher Zufall zur Hilfe. Dort lernen wir „Karman“ kennen – wie er sich selbst nennt –, ein Journalist, der das Schweizer Team des Formel A1-Grand Prix Autorennens begleitet, das unter Leitung von Max Welti gerade in Jakarta eingetroffen ist. Als wir im Laufe des Abends unser Differential-Problem streifen, stossen wir auf grosse Hilfsbereitschaft. Er beginnt gleich herum zu telefonieren. So kommt es, dass wir tags darauf bereits zu Harry Sanusi fahren, einem Allradfreak, der seinen FJ40/1982er Jahrgang LandCruiser modifizieren will und bereit ist, uns beide Differentiale für viereinhalb Millionen Rupien (US$450), inkl. Einbauen, zu verkaufen. Froh über diesen fairen Handel schlagen wir sofort zu. In den folgenden drei Tagen wird unser LandCruiser auf seinem eigenen, mit Fahrzeugen überladenen Parkplatz von seinem Mechaniker in indonesischem Tempo repariert. Harry und sein Sohn Reza, die mit anderen enthusiastischen Allradfahrern schon etliche anspruchsvolle Touren gemeistert haben, betreuen uns während dieser Zeit mit aussergewöhnlicher Gastfreundschaft. In ihrem Restaurant im japanischen Baustil dürfen wir immer wieder neue indonesische Speisen kosten, wobei uns Spiesschen mit Haselnusssauce und Nasi Sirloin am besten schmecken. Können wir deshalb „nein“ sagen, als – organisiert durch Harry – erst Dito, ein Journalist vom JIP- und Top Gear 4x4-Magazin für ein Interview auftaucht und später die beiden Fernsehstationen Indosiar und Global-TV? Als spezielle Geste – und nicht zuletzt auch, weil er unsere Indonesien-Reise mitverfolgen will – arrangiert Dito, dass wir von der Telkomsel je ein mobiles Telefon gesponsert bekommen – es sind übrigens unsere ersten! Und in kürzester Zeit können wir uns schon gar nicht mehr vorstellen, wie wir all die Jahre ohne auskommen konnten. Hier im kommunikations- und koordinationsschwierigen Indonesien werden sie uns direkt unentbehrlich, vor allem, wenn es herauszufinden gilt, wann und wo die vielen Autofähren auslaufen. Für dieselbe Route kann es nämlich ohne weiteres passieren, dass drei verschiedene Auskünfte erteilt werden. Also heisst es, ständig am Ball zu bleiben, sich immer wieder neu zu vergewissern und flexibel zu bleiben.
 
 
 
 
 
 
16  Eine Orang Utan Mutter kümmert sich
liebevoll um ihr drei Wochen altes Baby im
Rehabilitations-Zentrum „Pusat Primata
Schmutzer“ in Jakarta’s Ragunan-Zoo,
geleitet von Ulrike Freifrau von Mengden
17  Nostalgische Pferdekutschen sind
immer noch ein populäres Verkehrsmittel
in Indonesiens Städten. Auch im Zentrum
von Cipanas warten sie auf Kundschaft
18  Im kühlen Berggebiet von West Java
dehnen sich endlose Teeplantagen aus.
Dieser Ausblick bietet sich uns vom
Aussichtspunkt des 1’500m hohen Puncak-
Passes zwischen Bogor und Bandung
 
Bereits anlässlich des Schweizer Abendessens wurden wir zum Formel A1-Grand Prix Autorennen eingeladen, das am 10. Dezember in Sentul bei Bogor, 60 km südlich von Jakarta, stattfindet. Es wurde von Scheich Maktoum von Dubai als eine Art Konkurrenz zu den „berühmten“ Formel-1 Veranstaltungen ins Leben gerufen. Das spezielle Merkmal dieses Rennens ist, dass alle partizipierenden Länder mit identischen Fahrzeugen konkurrenzieren, also alle die gleiche Chance haben. Wir schliessen uns Claude, unserem Konsul, und weiteren Botschaftsangestellten mit ihren Familien zum Rennplatz an. In schmucken CH-T-Shirts und -Käppi bilden wir die kleine Gruppe der Schweizer Fans und dürfen auch einen Blick in die Box unserer Mannschaft werfen, wo gerade die letzten Vorbereitungen getroffen werden. In der Zwischenzeit haben sich die Zuschauertribünen mehr und mehr gefüllt. Wir ergattern uns noch einen guten Platz und warten auf den Start. Genau im Moment, als sich die 21 Teilnehmer in Position gestellt haben, beginnt es wie aus Eimern zu schütten, was erst einmal alles zum Erlahmen bringt. Doch mit 20 Minuten Verspätung geht es dann los. Mehr als das Rennen im strömenden Regen selbst begeistern uns die vielen fliegenden Reifenwechsel in den verschiedenen Boxen. Wir stoppen die Zeit – 12 Sekunden ist Bestzeit, einfach unglaublich. Unser Fahrer, Neel Jani, platziert die Schweiz auf Rang 8. Angeblich lag es an der Einspritzpumpe, dass er bereits in der ersten Runde an Geschwindigkeit eingebüsst hat. Sieger im rund 70 Minuten dauernden 15-Runden-Rennen war Neuseeland, gefolgt von Deutschland und Frankreich.
 
 
 
 
 
 
19  Junge Häschen in Drahtgeflechten
werden in Bogor am
Strassenrand angeboten
20  Eine Grossmutter blickt
liebevoll auf ihr Enkelkind
21  Kuppeln von Moscheen stechen
überall hervor, auch in den
ärmsten Quartieren von Bogor
 
Vom Moment an, wo wir von Jakarta’s Orang Utan Rehabilitationscenter „Pusat Primata Schmutzer“ im Ragunan Zoo, geleitet von Frau Ulrike Freifrau von Mengden, erfahren, steht es für uns fest, dass wir uns – nach Sabah und Sarawak auf der Insel Borneo – auch das dritte Mal nicht entgehen lassen wollen, diesen liebenswerten, menschenähnlichen Geschöpfen gegenüber zu stehen. Dieses Mal ist unsere Begegnung jedoch anderer Art. Diese Primaten leben ausschliesslich in engen Käfigen. Aber zu regelmässigen Besuchszeiten darf die Jungmannschaft im Freien herumtoben. Dann lieben es die Jungtiere, von den Besuchern an der Hand spazieren geführt zu werden, mit ihnen herumzuturnen und sich an sie zu klammern. Sie sind sanfter und zahmer Natur, aber in gewisser Weise auch hartnäckig, wenn sie jemanden ins Visier genommen haben. Ein spielfreudiges Weibchen hat sich total auf Emil fokussiert und ihn als geeigneten Spielgefährten auserkoren. Für eine Weile macht es ihm auch richtig Spass, herumzutollen, aber das junge Mädchen lässt ihn nicht mehr aus ihren Fängen. Irgendwann wird es ihm doch zu bunt, denn diese Primaten sind sehr kräftig, angeblich siebenmal kräftiger als ein Mensch. Sie können bis zu 1.5m wachsen und 200kg wiegen. Ihren harten Griff bekomme ich selbst am eigenen Leibe zu spüren, als ich einmal zu nah an einen ihrer Käfige trete. Bevor ich überhaupt nachvollziehen kann, was geschieht, schnappt sich eines der Tiere meinen Fuss und will ihn durch das enge Gitterwerk zerren. Ich schreie um Hilfe. Ein Wächter und Emil kommen gleichzeitig angerannt. Aber sogar zu zweit benötigen sie all ihre Kraft, um mich von der festen Umklammerung zu befreien. Wie sanft sie aber auf der anderen Seite auch sein können, erleben wir, als wir ihnen Erdnüsse verfuttern. Ganz zart packen sie sie mit der Unterlippe, zerdrücken sie leicht und spucken dann die Schale aus. Soviel Sanftheit hätten wir ihnen nie zugetraut. Ergreifend und ganz süss ist Mutter Amida mit ihrer drei Wochen jungen Tochter Mio. Sie wiegt ihr Kind liebevoll in den Armen, schmust mit ihm, drückt es herzhaft an sich. Dann wieder hebt sie es mit ausgestreckten Armen hoch – eben wie eine menschliche Mutter ihr Kind. Wie uns Frau Ulrike, heute 85 Jahre alt, mitteilt, ist die Kontinuität ihres über 50-jährigen Lebenswerks, für das sie ihr Herzblut gegeben hat, in arger Bedrängnis. Es mangelt an tatkräftiger Unterstützung der indonesischen Behörden und vor allem aber auch an finanziellen Mitteln. Trotz ihrer derzeitigen Gehbehinderung begleitet sie uns noch zu den Käfigen mit den 30 bis 40 Jahren alten Tieren. Der Anblick dieser Geschöpfe, wie sie ihr Gesicht an das blanke Gitter pressen und uns (anklagend?) und mit traurigen Augen anblicken, geht uns tief unter die Haut. Diese Orang Utan warten seit langem darauf, in die Freiheit, zurück in den Dschungel Kalimantan’s, entlassen zu werden. Aber es fehlt an nötigem Geld für ihren Transport und auch für die Vorbereitung ihrer „Entlassung“! Wo bleiben all die Hilfsgesellschaften, fragen wir uns. Unsere kleine Spende hilft lediglich für die Besorgung von etwas Futter. Wir wünschten, wir könnten mehr für sie tun!
 
 
 
 
 
 
22  Das herzerfrischende Lachen dieses
Souvenir-Verkäufers auf dem Puncak-
Pass symbolisiert die Freundlichkeit des
indonesischen Volkes. Sogar die Polizei
begegnet uns auf dieselbe gastfreundliche
Art. Wir freuen uns, hier sein zu dürfen
23  87% der indonesischen Bevölkerung
sind Muselmanen. Schon im jungen
Alter tragen die Mädchen die
traditionelle Kopfbedeckung
24  Das Gesicht dieser alten Frau
strahlt Zufriedenheit aus. Wir treffen
sie im Botanischen Garten „Kebun
Raya Cibodas“ in Cibodas, wo sie
blaue Plastikdecken zum
Picknicken verkauft
 
Am 18. Dezember ist es dann endgültig Zeit, weiterzuziehen, zum zweiten Mal vom Riesenmoloch Jakarta Abschied zu nehmen. Wir schwenken in südlicher Richtung nach Bogor ab, einem nicht weniger verstopften Ort als Jakarta, von der Lokalbevölkerung auch „Regenstadt“ genannt. Hier sind es vor allem die grünen Stadtminibusse, die das unglaubliche Chaos verursachen, weil sie immer und überall anhalten, um Passagiere aus- und einsteigen zu lassen. Dazwischen zwängen sich die allgegenwärtigen Motorradfahrer, nostalgischen Pferdekutschen, Fahrräder, Rikschas und Händler, die mit ihren Schubkarren die Strasse auch noch schnell überqueren wollen. Es fehlen nur noch die Kühe, dann könnte es durchaus in Indien sein. Mir gefällt diese aus allen Nähten platzende Atmosphäre, weniger aber Emil, der sich voll auf den anspruchsvollen Verkehr konzentrieren muss. Das Herz von Bogor ist der Botanische Garten „Kebun Raya“, 80 Hektaren umfassend, mit Herden von weissgetupften Rehen und Hirschen, die ungestört auf weitangelegten, gepflegten Rasen grasen. Uralte, herrliche Baumbestände säumen weite Alleen, Lotusblumen blühen in Teichen, Wälder mit verschiedensten Palmenarten und ein Haus mit exotischen Orchideen sorgen für eine wahre Oase des Friedens. Gegen eine kleine Eintrittsgebühr darf man sogar mit dem eigenen Auto auf dem weitläufigen Parkgelände zirkulieren. Am nächsten Tag geht es dann endgültig bergwärts, Richtung Puncak Pass. Hotels, Restaurants und Essecken gehen auf beiden Strassenseiten lückenlos ineinander über. Erst als wir die auf 1’500m gelegene Passhöhe erreichen, können wir etwas frischere Luft schnuppern und den ersten schönen Ausblick auf die immensen Teeplantagen auf den sanften Hügeln geniessen, die uns umgeben. Der beängstigende Effekt einer stetig wachsenden Bevölkerung macht auch in den Bergen nicht Halt. Ein verstecktes Plätzchen zu finden, um unser Nachtcamp aufzuschlagen, ist so unwahrscheinlich, wie einen Sechser im Lotto zu gewinnen. Deshalb schauen wir uns nach einer günstigen Unterkunft um und landen im Bali Ubud Gästehaus in Cibodas. Das spezielle Hobby der freundlichen Eigentümerin, die aber nicht gewillt ist, den Zimmerpreis zu reduzieren, sind preisgekrönte Ziegenböcke. Sie besitzt einige Prachtexemplare mit Namen wie Benito Mussolini und Adolf Hitler – einer davon war bei Kampfveranstaltungen schon mehrfacher Champion. Alle werden einzeln in kleinen Käfigen gehalten, müssen aber alle zwei Wochen Gelegenheit haben, sich mit potentiellen Gegnern zu messen. Auch Vögel, Hunde und ein Affe gehören zu ihrer kleinen Menagerie.
 
 
 
 
 
 
25  Liliana posiert inmitten des
prächtigen Orchideen-Hauses im
Botanischen Garten von Bogor .....
26  ..... Mütter und Kinder statten
dem Botanischen Garten in
Cibodas einen Besuch ab .....
27  ..... und Emil geniesst einen
Augenblick in schöner Umgebung
im Botanischen Garten von Bogor
 
Wir sind die einzigen Gäste. Von unserer Veranda aus haben wir einen herrlichen Blick ins Grüne, auf Araukarien-Bäume und Bananenstauden, auf eine Fülle blühender Blumen und auf die perfekt geformten Zwillingsvulkane Gudung Gede und Gudung Pangrango, die sich in den Abendstunden in ihrer unverhüllten Schönheit präsentieren. Anderntags, als wir auf schmaler Erdstrasse zum Kebun Raya Cibodas, dem Botanischen Garten, hoch fahren, verstecken sie sich erneut hinter einer feinen Nebeldecke. Gärtnereien säumen den Weg, nicht etwa herkömmliche, sondern ganz aussergewöhnliche in der Art, wie sie ihre verschiedenen Topfpflanzen punkto Farben und Blumenarten anordnen. Dabei sind wahre Kunstwerke entstanden. Wir können nicht vorbeifahren, ohne anzuhalten und sie zu bestaunen. Aber das ist erst die Einführung dessen, was uns im Botanischen Garten am Rande des dichten tropischen Dschungels erwartet: Eine prächtige Allee mit uralten Araukarien – die älteste stammt aus dem Jahre 1866 –, Palmen jeglicher Art, Magnolien mit ihrem subtilen Duft und eine unglaubliche Auswahl an tropischen Pflanzen und Blüten. Hungrig, aber noch nicht bereit, diesen schönen Fleck zu verlassen, improvisieren wir ein einfaches Mittagsmahl bestehend aus Schnellnudeln, Thon und Käse. Erst gegen Abend kehren wir zu unserem Gästehaus zurück, zu Mussolini und Hitler (was für eine Namensauswahl!). Leuchtend grüne Reisfelder begleiten uns am nächsten Tag, als wir weiter ostwärts ziehen. Wie in Vietnam, ist auch hier kein Zentimeter Erde dem Pflug entronnen. Besser situierte Bauern setzen Maschinen oder Wasserbüffel für die harte Arbeit ein; ärmere hingegen schleifen ihre breiten Rechen von Hand in Schwerstarbeit durch das knietiefe Wasser. Dörfer mit Dächern aus roten Ziegeln unterbrechen hie und da das Flaschengrün der Felder. Bandung, eine weitere indonesische Megastadt, wollen wir eigentlich umfahren, lassen uns jedoch von einem Schild „Carrefour 5 Minuten“ dazu verleiten, die Autobahn zu verlassen. – wir müssen unbedingt unseren schwindenden Getränkevorrat wieder aufstocken und können dann gleich auch etwas essen. Dabei geraten wir in eine grossangelegte Polizeikontrolle. Aber auch dieses Mal winken sie uns erneut mit einem entwaffnenden Grinsen durch. Von Korruption haben wir bis anhin nicht die geringste Spur erlebt. Nach unserer gemütlichen Einkaufstour und einer nicht überragenden Pizza in der Pizza Hut, die nicht hielt, was sie versprach, hatte uns die Autobahn wieder. Durch abwechslungsreiche Landschaft erreichen wir kurz vor Garut das Städtchen Cipanas, wo wir für heute Schluss machen.
 
 
 
 
 
 
28  Unser LandCruiser im Botanischen
Garten „Kebun Raya Cibodas“ ist von
wunderbar altem Baumbestand und
duftenden Blumen umgeben. Manche
Bäume wurden 1860 gepflanzt
29  Die leuchtend grünen Reisfelder
bedecken in der Ebene jede Ecke von
Java. Auch hier in Garut dehnen sie
sich bis in alle Stadtteile aus und
kontrastieren herrlich mit den roten
Ziegeldächern der Häuser
30  Der 2'923m hohe Merapi Vulkan
offenbart sich uns um 6 Uhr morgens
wolkenfrei und rauchend, als wir von
Yogyakarta aus in die Berge nach
Kaliurang fahren
 
Der kleine Ort ist wunderschön gelegen, von Teppichen von Reisfeldern umgeben und von rauchenden Vulkanen eingerahmt. Und es gibt verheissungsvolle Thermalbäder. Wir checken ins Tirta Merta Hotel ein. Das Zimmer mit seinen dekorativen Wänden aus geflochtenen Palmblättern ist zwar klein, aber gemütlich. Was uns aber besonders gefällt, ist die riesige „Badewanne“, die rund um die Uhr durch eine Röhre mit dem heissem Wasser der Thermalquellen gespiesen wird. Wir geniessen unser privates, kleines Thermalbad so sehr, dass wir gleich noch einen weiteren Tag anhängen, und dann noch einen, bis wir eine lärmige Grossfamilie als Nachbarn kriegen, die uns das Weiterziehen am dritten Tag erleichtert. Viele der einheimischen Hotelgäste sind bereits am Auto waschen, als wir aufstehen. Irgendwie haben wir das Gefühl, dass sie hier aus alter Gewohnheit genau dasselbe tun wie zuhause. Als wir frühstücken wollen, finden wir in unserem Brot so grosse Löcher wie bei einem Emmentalerkäse. Jetzt wissen wir, dass es eine Maus war, die uns mitten in der Nacht mit ihrem Nuscheln im Brotsack weckte. Aber es ist kein Problem: Im hoteleigenen Laden können wir gleich Nachschub kaufen. Vorbei an Teeplantagen und weiteren Reisteppichen verlassen wir auf pittoresker Fahrt das kühlere Klima der Berge und tauchen in die wärmere und auch eintönigere Ebene ein. Und, wie ausnahmslos in den letzten Tagen, beginnt es auch an diesem speziellen 24. Dezember wie aus Eimern zu schütten und will nicht mehr aufhören. Deshalb flüchten wir in Majenang schon früh ins Hotel Borobudur und geniessen erst einmal den in Indonesien vielfach offerierten Begrüssungstee auf der Veranda. Nichts erinnert uns in diesem streng moslemischen Staat daran, dass auf der ganzen Welt Weihnachten gefeiert wird. Erst am nächsten Morgen, als wir unseren kleinen Fernseher einschalten, erleben wir im tropischen Zentraljava doch noch etwas Besinnlichkeit: Im Lokalprogramm wird die heilige Messe des Vatikans übertragen und ein Frauenchor singt stimmungsvolle Weihnachtslieder. Jakarta sendet ein anderes Bild: Vor der Kathedrale werden die Taschen der Gläubigen untersucht und ein Grossaufgebot der Polizei kontrolliert sämtliche Fahrzeuge – man befürchtet eine Terroristenattacke am wichtigsten Fest der Christen.
 

 

 

31  Die buddhistische pagodenförmige
Anlage von Borobudur – ein UNESCO-
Weltkulturerbe – lag bis 1815 unter
Vulkanasche, bis sie damals durch Sir
Thomas Stamford Raffles freigelegt und
später von den Holländern restauriert wurde
32  In den glockenförmigen Stupa, die
sich imposant um die Hauptpagode
scharen, sitzt je eine Buddha-Statue
33  Taman Sari, das Wasserschloss in
Yogyakarta, war einst ein glanzvoller
Vergnügungspark mit Palästen und
Schwimmbädern für den Sultan
und seine Familie
 
Den Rest des Weihnachtstages werden wir von einer kontinuierlichen Pechsträhne verfolgt: Der Regen hält unvermindert an; der vielversprechende „Fuji-ähnliche“ Vulkan im Bergort Baturaden versteckt sich hartnäckig hinter einer kompakten Wolkendecke, und jegliche Versuche, ein dezentes Mahl in einem der Restaurants und Essecken entlang der Strasse zu finden, scheitern infolge eines faden Einheitsmenus und sehr wenig Hygiene. Und wer will schon am Weihnachtstag irgendwo am lärmigen Strassenrand auf den Vordersitzen einen kalten Imbiss verdrücken? Also fahren wir mit knurrenden Mägen weiter bis Wonosobo, das auf 900m Höhe liegt. Dort versuchen wir unser Glück im vom ‚Lonely Planet’ empfohlenen Asia Restaurant. Emil bestellt ein „Cheese Roti“ (natürlich muss es wieder etwas mit Käse sein!) und ich ein Nasi Vegetarian. Als das Essen serviert wird und ich auf Emil’s Teller schaue, tut er mir richtig leid, speziell an einem Weihnachtstag. Es ist ein simpler Käsetoast, ohne jegliche Garnitur und trocken wie ein Stück Leder. Wie soll dabei auch nur ein Hauch von Festtagsstimmung aufkommen! Trotz allem wartet am Abend noch eine freudige Weihnachtsüberraschung auf uns: Unser Freund Marco telefoniert uns aus der Schweiz auf unser neues Handy. Frohe Weihnachten! Aufbruch am nächsten Morgen ist um 8 Uhr. Vulkane grüssen uns in ihrer makellosen Schönheit, als wir uns auf den Weg zum Borobudur historischen Tempel und Indonesiens berühmtester Touristenattraktion aufmachen. Dieses UNESCO Weltkulturerbe –, erbaut vor rund 1’200 Jahren in Form einer massiven Stupa, schmückt einen ganzen Hügel und ist ein buddhistischer Tempel. Durch unzählige Stände, die Sonnenhüte, Postkarten, Getränke, Schirme und Souvenirs verkaufen, bahnen wir uns den Weg zur Eintrittskasse und sind nicht allzu überrascht, dass wir als Ausländer einen zehnfach höheren Preis als die Lokalen bezahlen müssen – eine Übertreibung, die weltweit mehr und mehr um sich greift. Aber das ist rasch vergessen, als wir vor dem Tempel stehen. Umflankt von blühenden Gärten, Reisfeldern, Palmen und einer markanten Bergkulisse, ist der Anblick einfach einzigartig. Auf unserem Rundgang durch die verschiedenen Terrassen beginnen wir schon bald die Atmosphäre dieser einstigen Zivilisation zu spüren. Wir bewundern all die Schätze: Die wunderschön geschnitzten Buddha Statuen, die in Nischen sitzen, und die unzähligen, überschwänglich in Sandstein gemeisselten Reliefs, die Szenen aus dem javanischen Leben darstellen – von königlichen zu Kriegs-Ereignissen, von Elefanten- zu Musikanten-Prozessionen. Dieses kulturelle Erbe lag unter tiefen Schichten von Vulkanasche begraben.
 

 

 

34  In den engen Gässchen
Jogjakarta's werden prächtige
Batik-Stoffe hergestellt .....
35  ..... sehen wir einen fliegenden
Tonwaren-Händler .....
36  ..... und Kopfbedeckungen für
Frauen dieser mehrheitlich
islamischen Insel
 
Erst 1815, als Sir Thomas Stamford Raffles Java regierte, wurde es freigelegt und später von den Holländern restauriert. Unsere bevorzugte Ecke ist zuoberst am Fusse der Hauptstupa. Sie ist flankiert von glockenförmigen kleineren Stupas, jede einzelne eine Buddha Statue beherbergend, teilweise durch das Gitterwerk sichtbar. Dieses „Buddhisten Klosters auf dem Hügel“, wie es auch genannt wird, wurde aus zwei Millionen Steinblöcken erbaut, die wir in der erbarmungslosen Mittagshitze erkunden mit dem Vorteil, dass wir dank der Hitze alleine sind. Erst zwei Stunden später, als wir weiterziehen, beginnt der Touristenstrom einzusetzen. Trotz all der Schönheit sind wir ein bisschen enttäuscht, weil wir uns eben etwas Weitläufigeres wie Angkor Wat in Kambodscha vorgestellt hatten und nicht „nur“ einen einzigen Tempel erwarteten. Am andern Tag revidieren wir unsere Meinung aber doch noch ein bisschen, als wir noch zwei kleinere Buddhisten-Tempel ausserhalb von Borobudur entdecken: Beide sind klein, aber auch sehr schön – sowohl der winzige Candi Pawon wie auch der Mendut, wo in einer zentralen Nische ein 3m hoher Buddha, umflankt von zwei Götterstatuen, noch an seinem Originalort steht und sich auch insofern von den andern Java’s unterscheidet, dass er in westlicher Art sitzt, d.h. mit beiden Füssen auf dem Boden, anstatt in der sonst üblichen Lotus Position. Es sind aber vor allem die wunderschönen, bis ins kleinste Detail ausgearbeiteten Reliefskulpturen, die sogar die Aussenwände des Tempels zieren, die uns am meisten begeistern. Noch unmittelbar vor der Umfahrungsstrasse von Jogjakarta sind wir hin- und hergerissen, ob wir sie nehmen sollen. Wir haben die Nase von diesen chaotischen, stinkenden, abgasgeschwängerten Grossstädten langsam voll. Doch dann melden sich wieder unsere altbekannten Zweifel: „Verpassen wir womöglich etwas“? So kommt es, dass wir bei der Abzweigung doch dem Stadtwegweiser zum Kraton, der einstigen befestigten Stadt folgen, die 25'000 Menschen umfasste. Nur wirklich dorthin zu finden, ist in dem verflixten Einbahnsystem, das uns bereits in andern indonesischen Städten oft Kopfzerbrechen verursachte, alles andere als leicht. Als Emil plötzlich auf unserer Spur zwei Überlandbusse mit Jakarta-Autokennzeichen sichtet, meint er in seiner beneidenswerten Logik: „Bestimmt fahren sie auch zum Sultanspalast. Wohin denn sonst?“. Wir folgen ihnen und landen kurz darauf tatsächlich im Herzen der Altstadt.
 

 

 

37  Die Empfangshalle des Sultanspalastes
in Jogjakarta – auch "Goldener Pavillon"
genannt – ist die Hauptattraktion des
‚Kraton’, der einstigen befestigten
Stadt, wo 25'000 Menschen lebten
38  Blick auf eine der
lebhaften Strassen Jogjakarta's
39  Eines der vielen eindrücklichen
Wandreliefs im ‚Kraton’ in Jogjakarta
 
Horden von schwatzenden und gestikulierenden Studenten entsteigen den Bussen; sie wenden sich gleich der Hauptattraktion zu – der reichlich dekorierten Empfangshalle, auch „Goldener Pavillon“ genannt. Bemerkenswert sind vor allem ihr kunstvoll geschnitztes, in rot und gold gehaltenes Dach sowie die dunklen, mit Goldmotiven verzierten Säulen aus Teakholz. Bis wir das Wasserschloss – den Vergnügungspark mit Palästen, Gärten und Schwimmbädern für den Sultan und sein Harem finden –, lernen wir all die verwinkelten, engen Kopfsteinpflaster-Gässchen der Altstadt und seine Batik Galerien kennen. Da wir uns irgendwie verlaufen haben, fragen wir eine alte Frau nach dem „Taman Sari“, dem Wasserschloss. Sie weist auf eine enge Gasse vor uns. So landen wir geradewegs beim Hintereingang. Bei der Besichtigung des hübschen Parks ist es nicht schwierig sich vorzustellen, was sich hinter diesen versteckten hohen Mauern damals abgespielt hat. Die Legende besagt, dass der Sultan den Architekten – einen Portugiesen – nach der Vollendung des Werkes hinrichten liess, um sein Freudenhaus geheim zu halten. Auf dem Rückweg zum Parkplatz kommen wir am Eingang einer weiteren Sehenswürdigkeit vorbei, die wir aber nicht zu besichtigen gedenken. Zwischen einem Aufseher und Emil entsteht ein unliebsamer Disput, als dieser barsch ein Eintrittsbillet verlangt und Emil ebenso barsch antwortet, was u.a. zu folgendem Wortwechsel führt:
Aufseher: „Ich hasse Touristen“
Emil: „Dann hast Du ja den richtigen Job gewählt .....“
Er zeigt Emil den Stinkfinger. Nach all der bisherigen uneingeschränkten Freundlichkeit der Indonesier sind wir ziemlich schockiert über diesen unangenehmen Zwischenfall, aber wir wissen auch, dass wir eben der Stadt Solo, der Wiege des islamisch-indonesischen Fundamentalismus, näher kommen. Solo ist der Geburtsort von Abu Bakar Ba’asyir, des Anführers der Jemaah Islamiah. Er wurde wegen Anstiftung zu den Bali- und Marriott Bombenanschlägen angeklagt, später aber wieder auf freien Fuss gesetzt. Gottlob ist diese Aggression aber ein Einzelfall. Trotzdem sind wir aber nicht mehr in Stimmung, uns Solo anzusehen. Wir schalten einzig einen kurzen Stop bei einem Internetcafe ein, wo wir einige Emails versenden und herunterladen wollen, was – wie meistens in Indonesien – Stunden dauert.
 

 

 

40  Prambanan, 18km östlich von
Jogjakarta, ist die grösste hinduistische
Tempelanlage Indonesiens
41  Die terrassierten Reisfelder dehnen
sich bis zu den steilsten Berghängen
des 3’263m Gunung Lawu aus, hier
bei Tawangmangu zwischen Solo
(Surakarta) und Madiun
42  Geduldig warten die vielen
Motorradfahrer auf die Beseitigung
eines umgestürzten Baumes auf der
Bergstrecke zwischen Kediri und Batu
südlich des 3’398m hohen Gunung Arjuna
 
„Wohin fährt Ihr als nächstes?“, fragt uns der Inhaber interessiert: „Nach Karanganyar-Tawangmangu-Sarangan“ dem Lawu Vulkan entlang, erklären wir. „Was, Ihr wollt mit diesem Auto diese extrem steile Strasse fahren“, entgegnet er nicht sehr ermutigend. Wir wagen es trotzdem. Die nach Frische riechende Bergwelt erscheint uns nach der verpesteten Luft der verkehrsreichen Hauptstrasse als ein wahres Geschenk. Sehr bald ist uns klar, dass wir uns in einem bekannten und beliebten Erholungsgebiet befinden. An jeder Ecke werden gesattelte Pferde zum Ausreiten angeboten. Dann, nach Tawangmangu, stehen wir vor dem gefürchteten, berüchtigten, „senkrechten“ Teilstück. Werden wir es schaffen? Wir schalten den Allrad zu und beginnen langsam, aber stetig bergwärts zu kriechen, vorbei an zwei stecken gebliebenen Fahrzeugen mit offener, rauchender Haube. Nur nicht noch anhalten müssen, denken wir beschwörend. Sonst haben auch wir ein echtes Problem. Aber unser überladener LandCruiser schafft es souverän mit eigener Kraft, allerdings unter grosser nervlicher Belastung unsererseits. Umsomehr freuen wir uns nach dem geglückten Aufstieg an der ländlichen Bergwelt mit den terrassierten Reisfeldern, die sich bis zu den steilsten Berghängen ausdehnen und wie kunstvolle Gemälde aussehen. Nach sechs Stunden ununterbrochener Fahrt sind wir dann am heutigen Ziel, in Batu vor der Stadt Malang. Dort öffnen sich die Himmelsschleusen erneut und es hört nicht mehr auf, wie aus Eimern zu giessen. Als wir am nächsten Morgen erwachen, ist die Wetterlage unverändert. Es ist der 30. Dezember, und wir sind unserem Wunschziel schon recht nah, wo wir das neue Jahr beginnen möchten: Zwischen der grandiosen Vulkanlandschaft des Bromo Nationalparks. In Gedanken haben wir uns schon so oft ausgemalt, wie einmalig es sein wird, in der absoluten Stille dieser Kraterwelt die Sonne am ersten Tag des Neuen Jahres aufstehen zu sehen. Gegen Mittag machen wir uns auf den Weg zum Dorf Wonokitri, auf 1’800m Höhe gelegen. Dieser Zugang soll im Gegensatz zum populäreren Cemara Lawang, erreichbar über Ngadisari, weit weniger überlaufen sein. Und tatsächlich sind wir die einzigen Besucher, als wir am späten Nachmittag dort eintreffen, aber auch das einzige Ziel der hartnäckigen Schlepper, die uns mit ihren Motorrädern auf den Fersen folgen. Wir versuchen sie zu ignorieren, aber letzten Endes stecken alle unter einer Decke und einer kassiert die Kommission, als wir in einen kleinen Familienbetrieb einchecken. Das Zimmer ist winzig klein und eisig kalt. Doch in voller Montur und in all die verfügbaren Decken eingepackt, finden wir doch noch etwas Wärme, um die kurze Nacht zu überleben. Denn um 4 Uhr morgens schrillt bereits unser alter Wecker – der Sonnenaufgang wartet auf uns draussen!
 

 

 

43 44 45
Eine mystische Atmosphäre umgibt die Vulkane Bromo, Batok und Semeru am Silvester Nachmittag.
Als sich der Nebel plötzlich auflöst, offenbart sich uns die Schönheit des grünen „Sandmeeres“ der Tengger Caldera und der imposanten Vulkane
 
Aber heute gibt es gar keinen. Draussen regnet es in Strömen weiter, und weit und breit sind keine Anzeichen einer Besserung in Sicht. Aus ist der Traum. Frust schleicht sich in unsere angeschlagenen Gemüter, und wir beschliessen, zurück in die Ebene zu fahren. Vom gestrigen Sturm ist die enge Strasse talwärts mit geknickten Bananenstauden und rostroten Föhrennadeln übersät. Während der ganzen Fahrt sind wir deprimiert. Warum versuchen wir nicht noch den zweiten Aufstieg von Cemoro Lawang? Vielleicht ist Morgen das Wetter ja besser – wer weiss? Nur schon der Gedanke allein beflügelt uns, und guten Mutes zweigen wir von der Küste ein zweites Mal in die Berge ab. Das Panorama entpuppt sich als sehr schön und wild und glücklich kriechen wir in vielen Kurven auf 2’200m Höhe. Kurz vor Cemoro Lawang bittet der Nationalpark zur Kasse. Dem Kassier fallen fast die Augen aus dem Kopf, als er unseren LandCruiser sieht und vergisst dabei glatt, uns ein Billet zu verkaufen. Oder ist es Gastfreundschaft? Oben angelangt, trifft uns fast der Schlag. Wer sagte, dass wir mit unserem Gedanken, das Neue Jahr an diesem speziellen Ort einläuten zu lassen, allein sind? Nie und nimmer haben wir aber solch einen Rummel erwartet. Weit deprimierender ist aber, dass alles, was wir vom Aussichtspunkt aus sehen, ein Nebelloch ist. Zudem bläst ein bissig kalter Wind. Unsere Windjacken sind aber nicht griffbereit, sondern gut verpackt in einer Aluminium-Kiste auf dem Dach. Sie für ein paar wenige Stunden auszugraben, ist uns zuviel des Aufwandes, entscheiden wir. Lieber schlottern wir ein bisschen vor uns hin, was natürlich den aufmerksamen Verkäufern von Wollmützen nicht entgeht. Sie können uns aber nicht zum Kauf bewegen. Was hält uns eigentlich hier oben zwischen all den Menschenmassen noch? Als wir ein Strässchen entdecken, das in ein anderes Tal führt, folgen wir ihm. Nach einer Kurve, wo wir den wolkenbehangenen Vulkan Bromo immer noch vor Augen haben, beschliessen wir, entlang eines Zwiebelfeldes ein Weilchen zu warten. Zum Schutz gegen Regen, Wind und Kälte bleiben wir im Auto sitzen und gönnen uns erst einmal einen Gin-Tonic. Eine Portion heisse „Pop Mie“ – Schnellnudeln im Becher – wärmt uns dann etwas auf. Es ist erstaunlich, wie so ein einfaches Mahl einem so gut schmecken kann!
 

 

 

46  Neujahrstag 2007: Wir finden eines
der raren einsamen Plätzchen im Baluran
Nationalpark in Ost-Java, wo wir auf
das Neue Jahr prosten können
47  Nicht nur Javas Strassen sind mit
Motorrädern überfüllt, sondern auch die
Tankstellen. Zehntausende sind am
Neujahrstag unterwegs nach Pasirputih,
dem bekanntesten Badeort Ost-Java’s
48  Auch diese Kolonne junger Enten
will einmal die Strasse überqueren
 
Und urplötzlich macht sich unsere Ausdauer bezahlt: Der Himmel beginnt sich zu lichten, erst zögernd zwar, doch der Ausblick ist wunderschön. Unter uns ist das Sandmeer – die Kraterebene (Tengger Caldera) – in grün und gelb, und in der Mitte sitzt majestätisch der durchfurchte, perfekt geformte Gunung Batok (2’440m), der uns immer mehr von seiner legendären Schönheit enthüllt. Leider können wir den davon links liegenden Gunung Bromo (2’392m) – dessen Oberteil mal explodierte – sowie der etwas weiter entfernte rauchende Gunung Semeru (3’676m) infolge des Nebels und der Wolken nicht sehen. Dennoch ist es wieder einer jener grossartigen Augenblicke, der sich tief in unserem Gedächtnis einprägt. Zwei Lausbuben von einer einfachen Hütte nebenan besuchen uns, als sie uns beim Fotografieren entdecken. Trotz ihrer Jugend rauchen sie eine Zigarette nach der andern und machen sich einen besonderen Spass daraus, lässig rauchend vor uns zu posieren. Indonesien gehört mit 11.4% zu einer der grössten Weltrauchergesellschaften. Wir geniessen das Mystische um uns herum, bis die Dunkelheit uns zu einer Entscheidung zwingt: Campen in Regen und Kälte, oder uns ein Hotelzimmer suchen. Die vier Wände und eine heisse Dusche locken. Wir klappern alle Hotels, Hostels und Gästehäuser in Cemoro Lawang ab. Trotzdem man hier oben dreimal mehr verlangt als normal, ist auch das hinterletzte Zimmer besetzt. Erst zehn Kilometer talwärts, in Sukapura im Hotel Sukapura Permai, finden wir eine gemütliche Bleibe. Im Fernsehen läuten gerade Australien und Papua Neuguinea das Neue Jahr ein; bis es bei uns soweit ist, schlafen wir bereits. Zum zweiten Mal schrillt unser Wecker um 4 Uhr morgens, aber das einzige, was wir von unserem Hotelfenster aus sehen, ist erneut dicker Nebel. Adieu Sonnenaufgang am Mt. Bromo! Wir steuern dem Osten zu, und erleben den verrücktesten Neujahrstag, den wir uns überhaupt vorstellen können. Die halbe Bevölkerung Java’s bewegt sich auf derselben Strasse wie wir, meistens auf Motorrädern. Tausende strömen dem beliebten Küstenort Pasirputih zu. Jeder verfügbare Platz ist mit diesen ratternden Zweirädern gefüllt. Sie überholen uns, wie es gerade kommt: Mal rechts, mal links, mal noch schnell quer vor der Haube vorbei, wo immer es eine kleine Lücke gibt. Die Verkehrspolizei ist machtlos. Beim Badeort Pasirputih bewegt sich nichts mehr; alles ist hoffnungslos verstopft. Es ist Mittag, es sind 36° am Schatten, es weht kein Windchen und die Sonne brennt erbarmungslos durch unsere offenen Autofenster. Im stillstehenden Verkehr und ohne Klimaanlage ist die Luft zum schneiden; wir schmoren im eigenen Saft vor uns hin.
 

 

 
Fortsetzung:
Bilder des zweiten Teils unserer
Indonesien-Reise
in Bali vom Januar bis März 2007

 

49  (Bali) Diese rostige, nicht gerade
vertrauenserweckende Fähre transportiert
uns von Java nach Bali – nicht sehr ermuti-
gend nach dem Fährenunglück mit über
600 Toten der Prima-Vista in indonesischen
Gewässern vor der Küste Zentral-Java’s nur
zwei Tage zuvor! (siehe obiges Bild # 01)
50   (Bali)  Ein ähnlicher
„Rosthaufen“ versucht auch sein
Glück, heil die Insel Bali zu erreichen.
Wenn nichts „Unvorhergesehenes“
dazwischen kommt, geht es
auch meistens problemlos!
 
 
Die Javaner nehmen das Chaos gelassen und mit Humor. Frohgelaunt beginnen sie, mit Kind und Kegel auf dem blanken Boden am Strassenrand zu picknicken, während wir langsam ungeduldig werden. Endlich, nach rund zwei Stunden, beginnt der Verkehr wieder langsam zu rollen, doch die Situation bessert sich für uns nicht. Während sechs Stunden ergibt sich nicht eine einzige Gelegenheit, diesem Irrenhaus zu entfliehen, um einen Bissen zu essen. Erst entlang des Baluran Nationalparks zweigen einige vage Pisten in die Büsche ab. Wir folgen einer und finden endlich „unser“ Neujahrsplätzchen. Mit einem Glas Rotwein stossen wir auf unsere Zukunft an. Unter tiefblauem Himmel treffen wir am folgenden Morgen um 8 Uhr am kleinen Fährenterminal von Banyuwangi ein, von wo wir nach Gilimanuk im benachbarten Bali übersetzen wollen. Die Silhouette der „Insel der Götter“ grüsst vielversprechend auf der anderen Seite der pittoresken Bucht. Sie ist knapp eine Seestunde entfernt, und die klapperige Autofähre, die im Stundenturnus ausläuft, steht schon abfahrbereit. Wir trauen unseren Augen nicht, als wir sie etwas genauer unter die Lupe nehmen. Was wir sehen, ist jenseits jeglicher Beschreibung und Vorstellungskraft. Was immer noch täglich Passagiere und Autos transportiert, ist ein einziger Rosthaufen, im wahrsten Sinne des Wortes, mit angelehnten, abgerosteten Teilen. Wir sind echt schockiert. Die schrecklichen Fernsehbilder der erst vor zwei Tagen gesunkenen Fähre der Prima Vista Schifffahrtslinie vor der Küste Zentral-Javas, dem Schwesterschiff, mit dem wir von Kalimantan nach Java reisten und das 600 Menschen mit in den Tod riss, flammen wieder auf. Sollen wir das Risiko eingehen oder setzen wir unser Leben aufs Spiel? Am Ende verdrängen wir unsere Zweifel, denn Bali liegt ja nur ein Katzensprung entfernt. Für grosse Emotionen bleibt allerdings kein Raum mehr. Mit der Gewissheit, dass wir ja Indonesien mit seinen warmherzigen und freundlichen Menschen noch lange nicht verlassen werden, stechen wir in See.
 
Fortsetzung: Bilder des zweiten Teils unserer Indonesien-Reise in Bali vom 2. Januar bis 25. März 2007
 
Weitere Webseiten aus Indonesien und Timor-Leste:

Weitere Webseiten aus Ost-Malaysia und Brunei:

Zeitungsartikel über uns in Indonesien:
Artikel: "Tamu Istimewa: Neverending Journey", Monatliches Auto-Magazin "Jip", Januar 2007
Artikel: "Toyota FJ60 1982 World Travelers", Monatliches Auto-Magazin "Jip", Februar 2007
Artikel: "CHEESE LAND CRUISER", Monatliches Auto-Magazin "BBC Top Gear", Februar 2007
Artikel: "22 Tahun Jelajahi 156 Negara", Tageszeitung "Post Metro Balikpapan", 17. Juli 2007